Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag ein 44-Jähriger wegen versuchten Mordes zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Nigerianer soll 2015 seinen Rivalen mit einem Messer schwer verletzt haben. Es war bereits die dritte Auflage des Verfahrens, das Urteil wurde zwei Mal vom Obersten Gerichtshof (OGH) aufgehoben (mehr dazu hier). Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
„Die Anklage kennen Sie ja schon“, hatte Staatsanwalt Hansjörg Bacher am ersten Verhandlungstag (3.7.) in Richtung des Beschuldigten gesagt. 2016 und 2017 hatte der Prozess schon stattgefunden, jedes Mal entschieden die Geschworenen auf versuchten Mord und verhängten zwölf Jahre Haft. Dieses Urteil sei auch völlig in Ordnung gewesen, betonte der Ankläger, aber „die Fragestellung an die Geschworenen war im System nicht richtig.“ Insgesamt hätten sich mittlerweile 31 Richter - Strafrichter, Laienrichter, Richter von OGH und Oberlandesgericht - mit dem Fall beschäftigt.
Verteidiger: „Die Fragestellung ist watscheneinfach“
Verteidiger Wolfgang Vacarescu meinte dazu: „Die Fragestellung ist watscheneinfach“. Im übrigen „glaube ich, dass sich die Tat ganz anders abgespielt hat, als sie der Staatsanwalt geschildert hat.“ Der Angeklagte ist seit 2001 in Österreich, lernte hier eine Frau kennen und heiratete sie. Das Paar bekam zwei Kinder.
Sie zogen für kurze Zeit nach Südafrika, dann lebte die Ehefrau mit den Kindern meist allein in Graz, der 44-Jährige war in London. Sie lernte einen Landsmann ihres Mannes kennen „und begann mit ihm eine sexuelle Beziehung“, erzählte der Staatsanwalt. „Das gefällt wahrscheinlich den wenigsten Männern“, führte er weiter aus. Am 21. Oktober 2015 eskalierte die Situation schließlich.
Nebenbuhler in den Bauch gestochen
Die Familie war gerade beim Weggehen, als der 43-Jährige noch einmal in die Wohnung zurückkehrte und dort plötzlich seinem Nebenbuhler gegenüber stand. Laut Ankläger soll er gesagt haben, er habe lange auf diesen Moment gewartet. Dann ging er nach der Version des Staatsanwalts mit einem Jagdmesser auf ihn los und „versetzte ihm einen wuchtigen Stich in den Bauch“.
Es kam zu einem Darmaustritt, was das Opfer jedoch nicht sofort bemerkte, da es auch noch zwei Stiche ins Gesicht erhielt. „Der Angeklagte war der Aggressor, er wollte den Kontrahenten ein für alle Mal beseitigen“, war Bacher überzeugt.
Angeklagter bekannte sich abermals nicht schuldig
Der Nigerianer bekannte sich - wie in den beiden anderen Prozessen - auch diesmal nicht schuldig. Er sprach von Notwehr, in Wirklichkeit habe der andere ihn verletzten wollen. Er war überraschend aus England heimgekommen, seine Frau „war wie in einem Schock.“ „Warum?“, fragte Richterin Christin Amschl. „Sie hat nicht erwartet, mich zu sehen“, antwortete der Nigerianer. Er blieb dabei, dass die Sache ein Unfall gewesen sei und er sich nur gewehrt habe, weil in Wirklichkeit der andere auf ihn losgegangen sei.
Die Geschworenen entschieden auch diesmal wieder, dass es versuchter Mord war. Wegen der langen Verfahrensdauer wurden diesmal nur elfeinhalb Jahre verhängt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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