Lira unter Druck
Erdogan in der Krise: „Verschwörung des Westens!“
Die türkische Lira ist als Folge des Streits zwischen dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und US-Präsident Donald Trump auf einem Rekordtief angelangt und steht weiterhin stark unter Druck. Analysten spielen bereits die Staatspleite durch. Erdogan sprach in mehreren Reden von einer „Verschwörung des Westens“ gegen das NATO-Mitglied Türkei und einem „Wirtschaftskrieg“. Die Regierung in Ankara will nun mit einem Aktionsplan für die Wirtschaft die Märkte beruhigen und den Kursverfall stoppen.
Die türkische Landeswährung war im Laufe des Freitags teilweise um fast 20 Prozent eingebrochen. Es war der größte Verlust an einem einzigen Tag seit dem Jahr 2001. Am Montag sank die Lira im asiatischen Handel im Vergleich zum Euro und zum US-Dollar zeitweise erneut zweistellig. Erstmals mussten vorübergehend mehr als sieben Lira für einen Dollar gezahlt werden, für einen Euro wurden erstmals mehr als acht Lira fällig. In den jüngsten Handelsstunden konnte sich die Währung aber wieder etwas erholen.
Zentralbank kämpft gegen Lira-Verfall
Die türkische Zentralbank kündigte Montagfrüh an, die Liquiditätsversorgung der Geschäftsbanken sicherzustellen. Sie werde den Finanzmarkt genau beobachten und alle notwendigen Schritte ergreifen, um die Finanzstabilität zu sichern. Das half der Lira aber nur kurzfristig. Sie legte zwar zunächst zu, rutschte dann aber wieder ab.
Allein heuer verlor die Lira mehr als 45 Prozent ihres Wertes. Ursachen dafür sind Sorgen über den Einfluss von Erdogan auf die Wirtschaft und seine Forderung nach niedrigen Zinsen trotz der hohen Inflation.
„Raketen eines Wirtschaftskrieges gegen die Türkei“
Erdogan sprach, ohne Verantwortliche beim Namen zu nennen, von „Raketen eines Wirtschaftskrieges gegen die Türkei“, die den Absturz der Landeswährung verursacht hätten. Sein Land lasse sich durch Drohungen nicht auf Linie bringen. Er forderte seine Landsleute bereits mehrfach auf, Euro und Dollar in die Landeswährung zu tauschen.
USA erhöhen Strafzölle auf türkischen Stahl
Im Streit zwischen der Türkei und den USA traten Montagfrüh drastisch erhöhte US-Strafzölle auf Stahl in Kraft. Seit Mitternacht MESZ wird Stahl aus der Türkei mit Abgaben in der Höhe von 50 Prozent statt wie bisher 25 Prozent belegt, wie das Weiße Haus zuvor verkündet hatte. US-Präsident Trump hatte die Verdoppelung am Freitag angeordnet.
Auf Twitter hatte Trump zugleich angekündigt, auch die Strafzölle auf Aluminium aus der Türkei auf 20 Prozent zu verdoppeln. Für die neuen Abgaben auf Aluminium wurde allerdings noch kein Datum genannt. Erdogan wirft den USA vor, einen „Wirtschaftskrieg“ gegen sein Land zu führen.
Hintergrund des Streits zwischen den NATO-Partnern USA und Türkei ist die Inhaftierung des US-Pastors Andrew Brunson in der Türkei, dessen Freilassung aus dem Hausarrest die Regierung Washington verlangt. Sie beharrt darauf, dass Brunson - gegen den in der Türkei Terrorvorwürfe erhoben wurden - unschuldig ist.
US-Pastor drohen bis zu 35 Jahre Haft
Brunson werden Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und zur Bewegung um den im US-Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert bis zu 35 Jahre Haft für den Pastor. Erdogan macht Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Wegen gesundheitlicher Probleme Brunsons wandelte ein Gericht die Untersuchungshaft zwar in Hausarrest um, festgehalten wird er aber weiterhin. Erdogan fordert von den USA die Auslieferung Gülens.
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