Für die Regierung ist sie ein „wichtiges Puzzlestück“ in der angeblich größten Strukturreform der Zweiten Republik, für Kritiker eher eine Mogelpackung: die am Montag von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein präsentierte neue Struktur der AUVA. Aber diese angebliche Reform wirft jetzt einige Fragen auf.
Was hat die Regierung mit der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) vor? Nach österreichweiten Protesten etwa in Graz gegen die befürchtete Zerschlagung präsentierten ÖVP und FPÖ ihre Reform. Die „Krone“ listet acht offene Punkte auf.
1.) Wird die AUVA nun zerschlagen - oder nicht?
Die AUVA soll auch in Zukunft erhalten bleiben. Ursprünglich hatte die Regierung den Plan, die AUVA aufzulösen, wenn es dieser nicht gelingt, bis Jahresende ein Konzept zur Einsparung von 500 Millionen Euro vorzulegen. Diese Pläne sind nun vom Tisch - zumindest in dieser Form. Jetzt liegt ein neues Reformkonzept vor. Von einer Zerschlagung ist darin keine Rede mehr.
2.) Und wie viel soll die AUVA nun einsparen?
Von den ursprünglich geforderten 500 Millionen soll die AUVA nun 430 Millionen Euro einsparen. Davon sollen 135 Millionen in der Verwaltung und durch mehr Zusammenarbeit zwischen den Spitälern hereingebracht werden. Die übrigen 295 Millionen Euro werden umgeschichtet. Bei den 295 Millionen Euro handelt es sich etwa um Entgeltfortzahlungen für Arbeitnehmer in Klein- und Mittelbetrieben bis 50 Mitarbeiter und Zahlungen für in anderen Krankenhäusern behandelte Arbeitsunfälle.
3.) Sind diese Einsparungsziele denn realistisch?
Der gesamte Verwaltungsaufwand der AUVA beträgt 90 Millionen Euro jährlich - in diesem Bereich also 100 Millionen Euro einsparen zu wollen, wird von Kritikern als „offensichtlicher Unsinn“ bezeichnet. Schlüssiger ist da schon, dass ein Teil der 295 Millionen Euro künftig von den Krankenkassen übernommen werden soll. Die Arbeiterkammer warnt aber, dass das ein Verschieben der Kosten von den Arbeitgebern hin zu den Arbeitnehmern ist.
4.) Bleiben Krankenhäuser, Leistungen und medizinisches Personal erhalten?
Es stimmt, dass Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) garantiert, dass Unfallspitäler oder Reha-Einrichtungen nicht geschlossen werden. Auch das Leistungsangebot soll „in vollem Umfang“ bestehen bleiben. Bei Ärzten und Pflegern soll es zu keinen Personalkürzungen kommen. Von Sozialexperten werden diese Versprechungen allerdings bezweifelt. Die Sorge, dass Leistungen über kurz oder lang nicht mehr in vollem Umfang angeboten werden können, ist berechtigt. Das würden die Versicherten dann sehr wohl spüren und versuchen, auf Alternativen auszuweichen.
5.) Und wer würde da dann davon profitieren?
Hier kommen private Anbieter von Unfallversicherungen ins Spiel. Diese könnten sich als letztlich unvermeidbare Alternative präsentieren. Die Versicherer könnten dann Leistungen anbieten, die künftig von der AUVA nicht mehr abgedeckt werden. Ob sich jemand eine private Unfallversicherung auch leisten kann, hängt freilich stark vom Einkommen ab.
6.) Werden die Versicherten die Einsparungen in der AUVA-Verwaltung spüren?
Fest steht, dass die Verwaltung ohne Kündigungen abgespeckt werden soll. Geplant ist, in den nächsten sechs Jahren 300 von 1500 Stellen nicht mehr nachzubesetzen. Die Folge könnten nicht nur längere Wartezeiten in den Krankenhäusern sein. Auch wenn es etwa um die Berechnungen von Unfallrenten geht, müssen Versicherte künftig wohl mehr Geduld aufbringen müssen. Teil dieser schlankeren Verwaltung werden auch ein gemeinsamer Einkauf, einheitliche Computersysteme und ein gemeinsames Personalmanagement sein.
7.) Über welchen Zeitraum erstreckt sich dieser Sparplan eigentlich?
Der Sparplan muss in den kommenden zehn Jahren umgesetzt werden. Die ersten 100 Millionen Euro werden bereits 2019 schlagend, wenn der Unfallversicherungsbeitrag von 1,3 auf 1,2 Prozent gesenkt wird. Die weitere Senkung auf 0,8 Prozent erfolgt später. Bleiben von den insgesamt 430 Millionen Euro noch 330 Millionen geplantes Einsparvolumen. Wann genau diese Summe eingespart werden soll, ist ebenfalls noch unklar. Den genauen Zeitplan will oder kann man in Sozialministerium nicht sagen. An den Heimlichkeiten will man bis zum Beschluss des Reformkonzepts festhalten.
8.) Und wann und von wem soll das Reformkonzept beschlossen werden?
Beschlossen werden soll die Reform vom AUVA-Vorstand am 21. August. AUVA-Obmann Anton Ofner wird dem Vorstand nun empfehlen, das vorliegende Reformkonzept in dieser Form auch anzunehmen. Damit gilt das von der ÖVP-FPÖ-Regierung als Reform offerierte Konzept für die neue AUVA als fix.
Sandra Schieder, Kronen Zeitung
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