„Kein neues Syrien“
China: Millionen Muslime in „Anti-Terror-Lagern“
In China werden nach Erkenntnissen eines UNO-Menschenrechtsgremiums rund drei Millionen Muslime in Einrichtungen festgehalten, die geheimen Internierungslagern ähnelten. Darüber gebe es zahlreiche vertrauenswürdige Berichte, teilte das UNO-Komitee für die Beseitigung der Rassendiskriminierung am Freitag in Genf mit. UN-Ausschuss-Mitglied Gay McDougall bezeichnete die „angeblichen Anti-Terror-Lager“ als „politische Umerziehungslager“. China selbst spricht von „Sicherheitsmaßnahmen“, die verhindern würden, dass besonders die Region Xinjiang „zu einem neuen Syrien oder Libyen wird“.
Die UNO kritisierte vor allem, dass die meisten Häftlinge, die hauptsächlich den Uiguren, aber auch anderen muslimischen Minderheiten angehören, nie konkret angeklagt oder auch verurteilt wurden. Mit der Verfolgung der Uiguren und anderer muslimischer Minderheiten sei die Autonome Region der Uiguren in „eine Art massives Internierungslager“ umgewandelt worden, so die Vereinten Nationen.
Die Uiguren sind ein den Türken eng verwandtes muslimisches Volk, das mit den Chinesen weder ethnische noch kulturelle Verbindungen hat. Die chinesische Kommunistische Partei geht seit jeher mit massiven Repressalien gegen die uigurische Unabhängigkeitsbewegung vor. Seit 2016 sollen sich Unterdrückung und Überwachung gravierend verschärft haben. So sollen mehrere Hundert Arbeitslager gebaut worden sein. Menschenrechtsorganisationen gehen von routinemäßigen Menschenrechtsverletzungen aus. Beklagt werden Folter, Misshandlungen und Indoktrination. Chinas Staatsmedien bestätigten schon vor Wochen, dass in Xinjiang fast eine halbe Million Menschen allein im ersten Quartal des Jahres umgesiedelt worden seien, „um die soziale Stabilität zu verbessern“.
Muslime protestieren gegen Moschee-Abriss
Erst am Freitag hatten in China Hunderte Hui-Muslime gegen den Abriss einer Moschee protestiert und diesen schließlich verhindert. Wie die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ berichtete, versammelten sich die Gläubigen vor einer Moschee in der nordwestchinesischen Stadt Weizhou. Proteste wie dieser sind in China selten. Behörden planten demnach den Abriss von Teilen des vor einem Jahr fertiggestellten Gebäudes, was mit einer fehlenden Baugenehmigung begründet wurde.
In China leben mehr als 20 Millionen Muslime. Die beiden größten Gruppen sind die Minderheiten der Hui und der Uiguren mit jeweils rund zehn Millionen Angehörigen. Die Region Xinjiang im Westen des Landes, wo die Uiguren beheimatet sind, gilt als Konfliktherd. Nach blutigen Unruhen 2009 und einer Reihe von Terroranschlägen gehen die Sicherheitskräfte scharf gegen die Minderheit vor. Das Turkvolk fühlt sich wirtschaftlich, politisch und kulturell von den herrschenden Chinesen unterdrückt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten sich die Kommunisten das frühere Ostturkestan als autonom verwaltete Region einverleibt.
„Verhindern ein neues Syrien oder Libyen“
China verteidigte die jüngsten „Sicherheitsmaßnahmen“: Dass in der Region Xinjiang gegenwärtig Frieden und Stabilität herrschten, sei zweifellos auch auf die strengen Vorschriften zurückzuführen, hieß es am Montag in den chinesischen und englischen Ausgaben der Zeitung „Global Times“. Überall seien Polizei und Sicherheitsposten zu sehen. „Aber das ist eine Phase, die Xinjiang durchmachen muss beim Wiederaufbau von Frieden und Wohlstand, und aus der eine normale Regierung hervorgehen wird.“ Die Sicherheitskräfte hätten verhindert, dass Xinjiang zu einem „neuen Syrien oder Libyen“ geworden sei.
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