Epidemie in Europa: Die Patientenzahl hat sich verdreifacht, die Todesfälle steigen. Auch in unseren beliebtesten Urlaubsländern!
„Masern zu bekommen ist doch für Kinder ganz normal, am besten, sie machen sie einmal durch und sind geschützt." Diese immer wieder verbreitete Volksweisheit enthält gleich mehrere gefährliche Fehlmeinungen. Weder ist die Infektion harmlos (siehe Interview unten), noch befällt sie nur Kinder. Einen sicheren Schutz bietet ausschließlich die Impfung.
Masernfälle steigen wieder an
Die Zahl der Erkrankungen steigt seit einiger Zeit im gesamten EU-Raum besorgniserregend an - in Österreich hat sie sich seit 2016 verdreifacht! Offiziell geht man von bereits 62 Maserninfektionen im ersten Halbjahr aus. 2017 waren es insgesamt 95 Erkrankungen gewesen.
Wie vor Kurzem von der WHO in Kopenhagen mitgeteilt, hatten sich im ersten Halbjahr in Europa 2018 mehr als 41.000 Kinder und Erwachsene infiziert. Mindestens 37 Todesfälle wurden gemeldet, die Dunkelziffer liegt weit höher.
Ukraine als Masern-„Hotspot“
Die Hotspots sind laut Gesundheitsministerium derzeit die Ukraine (dem aktuellen politischem Konflikt geschuldet, der sich auf die Gesundheitsversorgung auswirkt), Rumänien, Frankreich, Griechenland, Italien und Großbritannien. In Serbien und im Kosovo wurden in den vergangenen Monaten bis Mitte Juli 5694 Patienten gezählt (die meisten in der Altersgruppe der 5- und 30-Jährigen), was Masern nun auch noch zur Reisekrankheit werden ließ. Weltweit gelten die Erreger immer noch als Haupttodesursache von durch Impfung vermeidbare Erkrankungen bei Kindern, obwohl man durch Impfprogramme von 2000 bis 2015 geschätzte 20,3 Millionen Menschen retten konnte.
Ziel ist der Schutz, der lebenslang anhält
Der aktuelle Ausbruch veranlasste die Gesundheitsbehörden in Österreich, besonderes Augenmerk auf Kontroll- und Präventionsmaßnahmen zu legen. Allen voran wird die MMR-Impfung (Masern-Mumps-Röteln) angeraten - an öffentlichen Impfstellen kostenfrei. Ziel ist der Schutz, der lebenslang anhält, für mindestens 95 Prozent der Bevölkerung - um die ansteckende Krankheit ganz auszurotten.
Ein Grund für das mangelnde Gefahrenbewusstsein ist paradoxerweise die gute ärztliche Versorgung. Weil sich viele darauf verlassen, dass ihnen „eh nix passieren“ kann, müssen wir uns in Zeiten von Hightech-Medizin auf einmal wieder mit den alten „Feinden" herumschlagen.
Daten und Fakten
Die Übertragung der meldepflichtigen Viruserkrankung erfolgt durch Tröpfcheninfektion oder direkten Kontakt mit Nasen- sowie Rachensekret eines Patienten. Masern machen sich erst etwa neun Tage später bemerkbar, sind aber viel früher ansteckend. Am größten ist die Infektionsgefahr direkt vor dem Ausbruch bis etwa drei Tage danach.
Der Verlauf beginnt mit Fieber, Schnupfen, Halsschmerzen und Husten. Ab dem zweiten bis dritten Tag zeigen sich an der Mundschleimhaut kleine Rötungen mit weißem Zentrum. Dann entwickelt sich der typische Ausschlag mit unregelmäßigen, drei bis sechs Millimeter großen, zunächst hellroten, ineinanderfließenden Flecken. Spezielle Therapie gibt es keine, lediglich die Symptome lassen sich lindern. Das Immunsystem bleibt jahrelang abgesenkt!
Nur Impfung schützt
Vor einer Ansteckung schützt nur die Impfung! Die Anzahl der geimpften Österreicher reicht aber nach wie vor nicht aus, um Masern auszurotten. Ab dem zehnten Lebensmonat ist es möglich, die zwei Spritzen im Abstand von mindestens vier Wochen zu erhalten. Vorsicht, nicht alle Erwachsenen sind gewappnet: Bei den Geburtsjahrgängen 2008 bis 2010 sowie jenen in den 1990er-Jahren bestehen Impflücken. Zusätzlich hat ein Drittel der 15- bis 30-Jährigen noch gar keine zweite Dosis erhalten.
Interview mit Peter Voitl, Kinderarzt in Wien:
„Krone“: Sind Masern eine harmlose Kinderkrankheit?
Peter Voitl: Nein! Nach Schätzungen der WHO sterben jedes Jahr circa eine Million Menschen an den Folgen dieser Erkrankung. Meist verläuft sie in den Industrienationen nicht tödlich, treten allerdings Komplikationen auf, führt das zu einem sprunghaften Anstieg der Sterblichkeit.
Welche Komplikationen sind bekannt?
Bei jedem siebenten Kind kann es zu Lungenentzündung kommen. Starke Bauchschmerzen bis hin zur Blinddarmentzündung sind ebenfalls möglich. Es gibt auch Folgeinfektionen, z.B. des Mittelohres. Besonders gefürchtet ist die Masern-Enzephalitis, die Gehirnentzündung, die bei ca. 1 von 1000 Patienten auftritt und bleibende Schäden hinterlassen kann.
Was sind „Masernpartys“?
Die sogenannten Masernpartys bringen gesunde und ungeschützte Kinder mit den grundsätzlich sehr aggressiven Masernviren in Kontakt und stellen eine beträchtliche Gefährdung der Gesundheit mit möglichen Dauerschäden dar. Von solchen „Festen“ ist dringend abzuraten.
Wie beugt man vor? Sind Sie für eine Impfpflicht?
Die einzige Vorbeugung ist die Schutzimpfung, die im Rahmen des Impfprogrammes kostenlos angeboten wird. Eine Impfpflicht könnte in der Durchführung sehr problematisch werden, sollte aber auch nicht notwendig sein. Es liegen genügend Fakten vor, welche die Sinnhaftigkeit und die gute Verträglichkeit dieser Maßnahme beweisen. Besonders wichtig wäre, dass Personen im Gesundheitswesen geimpft sind.
Was können Eltern bei einer Masernerkrankung tun?
Bettruhe hilft dem Körper, alle Reserven für die Krankheitsabwehr einzusetzen. Wadenwickel sind ein gutes Mittel, das Fieber zusätzlich zu den notwendigen Medikamenten sanft zu senken. Sie sollten diese aber nur anwenden, wenn Hände und Füße des Kindes warm sind. Ein abgedunkeltes Zimmer schont die schmerzenden Augen, der Nachwuchs kann auch eine Sonnenbrille tragen. Isolieren Sie Ihr Kind, damit sich andere nicht anstecken. Suchen Sie bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes umgehend einen Arzt auf!
Kronen Zeitung
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