An die Bildschirme, fertig, los: Nach einem Eröffnungstag für Fachbesucher dürfen nun alle Spielefans auf die Gamescom in Köln. Die Messe feiert sich in ihrem Jubiläumsjahr als Ort, an dem nicht nur Hardcore-Zocker Spaß haben können. Ist das wirklich so?
Die Gamescom hat sich in diesem Jahr ein Motto gegeben, das man sich auch gut bei einem Kirchentag vorstellen könnte - „Vielfalt gewinnt“. Tatsächlich gibt es zwischen der Computer- und Videospielmesse in Köln und einem Bibel-Treff aber einen Unterschied: Das Gamescom-Publikum scheint noch etwas duldsamer. In den abgedunkelten Messehallen dröhnen die Bässe und zucken die Lichter - aber Tausende Männer, Frauen und Kinder stellen sich stoisch lächelnd und gelassen in die schier unendlichen Warteschlangen vor ihren Lieblingsspielen. Willkommen auf dem weltweit größten Event für Computer- und Videospiele.
Die Gamescom zieht wie vielleicht kaum ein anderer Branchentreff in Deutschland auch das Massenpublikum an. Nach der offiziellen Eröffnung am Dienstag, der traditionell Wirtschaft, Politik und Medien vorbehalten ist, dürfen endlich alle in die Hallen. Schlagartig füllen sich die Flure mit kostümierten Hammer-Kämpfern, Kampf-Katzen und Helden aus „Star Wars“. An manchen Stellen muss man sich durch die Hallen drücken, so voll ist es. Im vergangenen Jahr zählte die Messe mehr als 350.000 Besucher.
„Vielfalt gewinnt“ auf der Jubiläums-Gamescom
„Vielfalt gewinnt“, das diesjährige Motto, ist nicht zufällig ausgewählt. Es ist die zehnte Gamescom, ein Jubiläum. Und das Leitthema deutet an, welchen Weg die ganze Szene in den vergangenen Jahren gegangen ist. Spiele sind heute längst nicht mehr nur ein Thema für junge Männer, wie der Branchenverband Game nicht müde wird, vorzurechnen. Das Durchschnittsalter steige von Jahr zu Jahr und liege in Deutschland mittlerweile bei über 36 Jahren. Die größte Spielergruppe seien heute die über 50-Jährigen. Und Frauen stellten knapp die Hälfte der Spielerschaft.
Während man durch die Blockbuster-Hallen streift, kann man über solche Zahlen grübeln. Der Eindruck: Das Publikum ist vielerorts doch noch eher männlich, eher unter 40 Jahre alt, eher weiß. Widerspruch kommt von Saskia, 19 Jahre alt, die in der Schlange zum Multiplayer-Shooter „Battlefield V“ steht. „Ich würde sagen, dass das Verhältnis von Männern zu Frauen auf der Gamescom etwa 50 zu 50 ist“, sagt sie. „Die sind eben nicht bei solchen Games“, fügt Frank hinzu, der daneben auf einem Campinghocker sitzt. An Campinghockern erkennt man Gamescom-Profis.
„Man muss natürlich vorsichtig sein bei den Zahlen, die die Gamescom nennt“, sagt Christoph Bareither, der in Berlin mit Schwerpunkt Medienanthropologie forscht. „Aber klar ist, dass Computerspiele ein Massenphänomen geworden sind. Und richtig ist auch, dass heute nicht nur die Jungen spielen. Das wächst in den Generationen mit.“
Auf der Gamescom gibt es für jeden etwas
Die Spielkultur entwickelt sich, dafür muss man auf der Gamescom den Blick nur weiter schweifen lassen. Es gibt Hardcore-Gamer und Gelegenheitsspieler, YouTuber und Retro-Fans. In der einen Halle knallen Kanonenschläge von „World of Warships“ um die Ohren, in einer anderen spielen putzige Nintendo-Figuren gegeneinander Tennis.
Zwischen zwei Terminen erwischt man auch Peter Smits, der als YouTuber PietSmiet mehr als zwei Millionen Menschen mit seinen Videos zu neuen Spielen erreicht. Er hat auf dem „Gamescom Congress“ eine Debatte mit Partei-Prominenz von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken moderiert. Auch daran sieht man die Veränderung der Gamescom: Es kommen immer mehr Politiker. Auch die Bundeswehr ist vertreten. Mit Plakaten im Videospiel-Stil und dem Satz „Multiplayer at its best!“ wirbt sie für eine Karriere bei der Armee - was auf Twitter Irritationen und Kritik auslöst.
Man merke mittlerweile jedenfalls, dass es nun Politiker gibt, die selbst spielen, sagt Peter Smits. „Wir sind jetzt in diesem Zeitalter, auf das ich schon lange gewartet habe“, sagt Smits. „Irgendwann werden wir eine Bundeskanzlerin oder einen Bundeskanzler haben, die oder der mit Spielen schon aufgewachsen ist“, sagt er. „Spätestens dann haben wir es geschafft.“
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