Die Diskussion um Abschiebungen von Lehrlingen, die einen negativen Asylbescheid bekommen haben, spitzt sich weiter zu. Nachdem sich vom Bundespräsidenten abwärts viele bekannte Persönlichkeiten in den vergangenen Monaten für eine stärkere Integration von Asylwerbern in der heimischen Arbeitswelt ausgesprochen hatten, will Vizekanzler Heinz-Christian Strache Asylwerbern den Zugang zur Lehre verbieten und dadurch die Debatte ein für alle Mal beenden. „Es gibt genügend Jugendliche, die eine Lehrstelle suchen, und wir haben genügend anerkannte Flüchtlinge, die nicht arbeiten und keine Lehre haben“, so der FPÖ-Chef.
Seit 2012 ist die Lehrlingsausbildung für Asylwerber bis 25 Jahren in Mangelberufen erlaubt. Diesen Erlass will die FPÖ wieder zurücknehmen, kündigte Strache an. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) werde prüfen, „den falschen Erlass von damals möglicherweise zurückzunehmen“. Denn das dürfe ja nicht sein: „Wenn einer kein Bleiberecht hat, sollte er keine Lehre beginnen dürfen“, so Strache.
Auch Ex-Skistar für „Ausbildung statt Abschiebung“
Vielen Asylwerbern, die derzeit in einer Lehre sind, droht die Abschiebung. Das will der oberösterreichische Grünen-Landesrat Rudi Anschober unbedingt verhindern. Neben 52.000 Unterstützungserklärungen baut er auch auf Hilfe prominenter Personen. Unter anderem ist Ex-Skistar Hermann Maier an Bord. „Aus meiner Zeit als Maurer weiß ich, wie wichtig es vor allem für junge Menschen ist, eine geeignete Ausbildung und Aufgabe zu finden. Allein das bildet schon die Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration“, erklärte Maier Mitte Juli.
Van der Bellen will Abschiebestopp für Lehrlinge
Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach sich unlängst für einen Abschiebestopp aus. Es mache aus „wirtschaftlichen“ und „humanitären Aspekten“ keinen Sinn, „Lehrlinge mitten in ihrer Ausbildung abzuschieben“, so der Bundespräsident. Unterstützung bekam Van der Bellen von Gerhard Drexel, Chef von Spar Österreich: „Gut integrierte Lehrlinge abzuschieben, widerspricht jeder Logik und Menschenfreundlichkeit!“
IV-Boss: „Asylwerber sollen eine Lehre machen dürfen“
Auch Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) sprach sich für die Möglichkeit der Lehrausbildung für Asylwerber aus, nicht zuletzt wegen des akuten Facharbeitermangels in Österreich. „Das wird nach wie vor unterschätzt. Alleine heuer fehlen uns 10.000 Fachkräfte“, sagte Kapsch Mitte im Mai im Interview mit der „Krone“. Sein Vorschlag: Asylwerber sollen eine Lehre machen und - nach deutschem Vorbild - nach der dreijährigen Lehre zumindest noch zwei weitere Jahre im Land arbeiten dürfen! „Zu wenige Mitarbeiter sind ein Wachstumshemmnis. Wir brauchen daher eine strategische Zuwanderungspolitik. Die Migrationsphobie, die es im Land gibt und die durch nichts begründet ist, muss endlich abgebaut werden“, sagte der IV-Chef.
Doch geht es nach den Plänen Straches, soll in Zukunft die Abschiebung von Asylwerbern mit negativem Bescheid vorangetrieben werden. „Wenn jemand zu uns kommt und versucht, sich Asyl zu erschleichen mit falschen Gründen, dann gibt es von unabhängigen Gerichten ein Urteil, und das muss natürlich Gültigkeit haben“, sagte er im Interview mit „Österreich“ weiter.
Anschober: „Jetzt ist die ÖVP gefordert, das kann sie nicht zulassen“
Anschober reagierte auf Straches Vorhaben empört. Ein Ende für den Zugang zur Lehre wäre für den Grünen-Landesrat die „Zerstörung der letzten großen Integrationsmaßnahme für Asylwerber und ein schweres Foul an den vielen Unternehmen, die unter dem Lehrlingsmangel leiden“. Anschober weiter: „Jetzt ist die ÖVP gefordert, das kann sie nicht zulassen.“ Ihm zufolge müsse Bundeskanzler Sebastian Kurz die Causa zur Chefsache machen.
Regierungssprecher bestätigt Ende der Lehre für Asylwerber
Doch die ÖVP dürfte Straches Vorschlag voll unterstützen. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal bestätigte am Sonntag, dass die Regierung die Möglichkeit für Asylwerber, eine Lehre zu beginnen, abschaffen wird. Man arbeite an einer Neuregelung. „Das Asylrecht soll künftig nicht mehr mit einer Lehre umgangen werden können.“ Gleichzeitig soll ein eigener Aufenthaltstitel für Lehrlinge geschaffen werden und die Rot-Weiß-Rot-Karte attraktiviert werden, „um den Bedürfnissen der Wirtschaft zu entsprechen“, so der Sprecher.
Kneissl: „Lehrausbildung schützt nicht vor Abschiebung“
Bereits im Jänner wies Außen- und Integrationsministerin Karin Kneissl (FPÖ) die Kritik an der drohenden Ausweisung von negativ beschiedenen Flüchtlingen, die gerade eine Lehre in Mangelberufen machen, zurück. „Der Ausgang eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist zu akzeptieren“, meinte sie. Ein Ausbildungsverhältnis könne nicht einfach eine rechtsstaatliche Entscheidung aushebeln. Man müsse den jugendlichen Asylwerbern klar kommunizieren, dass ihnen trotz Lehre die Abschiebung drohen könne und das Ausbildungsverhältnis sie davor nicht schütze.
Kneissl: „Fokus auf Jugendliche, die langfristig in Östereich bleiben können“
In ihrem Ressort würden zahlreiche Projekte unterstützt, die asylberechtigten Jugendlichen beim Einstieg in den Arbeitsmarkt und bei der Suche nach einer Lehrstelle helfen, auch in Kooperation mit Unternehmen. Auf diese Jugendlichen, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen sei und die somit langfristig in Österreich bleiben könnten, „sollten wir unsere Integrationsbemühungen fokussieren“, findet Kneissl.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.