Stadtfest abgebrochen
Tödlicher Streit in Chemnitz: Mob jagte Migranten
In Chemnitz im ostdeutschen Bundesland Sachsen sind nach einem tödlichen Streit in der Nacht auf Sonntag, bei dem ein 35-jähriger Deutscher ums Leben kam, Hunderte Menschen durch die Innenstadt gezogen. Unter den Demonstranten seien „gewaltbereite Rechte“ gewesen, die gegen Ausländerkriminalität protestierten und Sprüche wie „Wir sind das Volk“ skandierten, teilte die Polizei mit. Migranten seien gejagt und auch angegriffen worden. Das Stadtfest wurde vorzeitig abgebrochen. Der Schock in der Stadt ist groß.
Der 35-jährige Deutsche war nach einem verhängnisvollen Streit am Chemnitzer Stadtfest zwischen Menschen mehrerer Nationalitäten in der Nacht auf Sonntag im Spital gestorben - die genauen Umstände sind noch nicht geklärt. Zwei weitere Männer im Alter von 33 und 38 Jahren wurden verletzt, zum Teil schwer. Alle drei sind laut den Ermittlern Deutsche. Bei dem Streit sollen Messer zum Einsatz gekommen sein.
Die Polizei hat zwei 22 und 23 Jahre alte Männer vorläufig festgenommen, die sich vom Tatort entfernt hätten. Zu deren Nationalität wollten die Beamten zunächst keine Aussage machen, da noch geprüft werde, ob und wie sie in die Auseinandersetzung involviert gewesen seien. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln wegen Totschlags. An dem Streit mit nach ersten Ermittlungen maximal zehn Personen waren laut Polizei Männer mehrerer Nationalitäten beteiligt.
Aufrufe im Internet, sich in der Innenstadt zu versammeln
Am Sonntag gab es dann mehrere Aufrufe im Internet, sich in der Innenstadt einzufinden. Zunächst versammelten sich gegen 15 Uhr rund 100 Menschen - die Aktion, die auf einen Aufruf der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) zurückging, verlief störungsfrei. Zu einer weiteren Versammlung um 16.30 Uhr hatte laut Medienberichten die rechte Ultra-Fußballvereinigung Kaotic Chemnitz aufgerufen. Diesem Aufruf folgten rund 800 Personen.
Die Polizei sei zunächst nur mit geringen Kräften an Ort und Stelle gewesen, hieß es, doch weitere Einsatzkräfte kamen dann aus Dresden und Leipzig hinzu. „Die Personengruppe reagierte nicht auf die Ansprache durch die Polizei und zeigte keine Kooperationsbereitschaft“, teilten die Beamten mit. Die Gruppierung habe sich plötzlich in Bewegung gesetzt.
Am Abend hatten sich die Ansammlungen nach und nach aufgelöst. Es werden laut Polizei vier Anzeigen bearbeitet, darunter zwei wegen Körperverletzung, eine wegen Bedrohung sowie eine wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Gerüchte, dass tödlichem Streit Belästigungen vorausgingen
Ausgelöst dürften die Aktionen Gerüchte haben, wonach dem tödlichen Streit die Belästigung von Frauen vorangegangen sei. Dies konnte die Polizei nicht bestätigen - und rief via Twitter auf, sich nicht an den Spekulationen zu beteiligen.
Oberbürgermeisterin: „Das ist schlimm“
„Wenn ich sehe, was sich in den Stunden am Sonntag hier entwickelt hat, dann bin ich entsetzt“, sagte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) dem TV-Sender MDR. „Dass es möglich ist, dass sich Leute verabreden, ansammeln und damit ein Stadtfest zum Abbruch bringen, durch die Stadt rennen und Menschen bedrohen - das ist schlimm.“ Zunächst hatten die Veranstalter Pietätsgründe für den Abbruch des Fests angegeben.
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