Rechts gegen links

Riesendemos in Chemnitz: Kann das gutgehen?

Ausland
31.08.2018 10:17

Pfiffe, Buhrufe, äußerst emotionale Diskussionen mit dem sächsischen Regierungschef, der zum Bürgerdialog zu Besuch war, und erneut Kundgebungen in Chemnitz - aber am Donnerstag kam es zu keinen neuen Ausschreitungen. Die massive Polizeipräsenz - mehr als 1200 Einsatzkräfte aus mehreren deutschen Bundesländern und die Bundespolizei standen im Einsatz - hat offenbar Wirkung gezeigt. Nach gut eineinhalb Stunden lösten sich die Demonstrationen vor dem Stadion, wo das sogenannte Sachsengespräch stattfand, auf. Ruhe wird in Chemnitz aber nach dem Mord am 35-Jährigen Deutsch-Kubaner Daniel H. noch lange nicht einkehren. Denn Rechte und Linke mobilisieren bereits für das Wochenende.

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat einen Trauermarsch für Samstag 17 Uhr angemeldet. Die Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“ ruft zu einer eigenen Kundgebung auf, unter dem Motto „Sachsen steht auf!“. Hier werden sich die Teilnehmer zum dritten Mal beim Karl-Max-Monument im Stadtzentrum versammeln. Das „Bündnis Chemnitz nazifrei“ demonstriert wiederum gegen die beiden vorher genannten Kundgebungen - und zwar unter dem Motto „Herz statt Hetze“. Laut Veranstalter hat sich auch die Indie-Rock-Band Madsen für diese Gegendemonstration angekündigt. Musikalisch wird es auch am Montag weitergehen. Dann werden die Toten Hosen neben anderen Bands wie Kraftklub auftreten.

Das Open-Air-Konzert aus der Reihe „Rock am Kopp“ ist für Besucher kostenlos. Wie die zuständige PR-Agentur mitteilte, schlossen sich die Künstler in Reaktion auf die „besorgniserregenden Entwicklungen“ in Chemnitz in den vergangenen Tagen auf Initiative von Kraftklub für das Konzert zusammen. „All den Menschen, die von den Neonazis angegriffen wurden, wollen wir zeigen, dass sie nicht alleine sind“, hieß es in einem gemeinsamen Statement der Musiker. Binnen weniger Stunden nach Bekanntwerden des Auftritts signalisierten bei Facebook bereits Tausende ihre Teilnahme.

(Bild: APA/dpa/Sebastian Willnow)

Am Donnerstag während des „Sachsengesprächs“ waren nach Polizeiangaben rund 900 Teilnehmer einer von „Pro Chemnitz“ organisierten Kundgebung vor dem Stadion des Chemnitzer FC aufmarschiert. Sie waren während der hitzigen Debatte im Stadion stets zu hören. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wurde mit „Hau ab!, Hau ab!“-Rufen bedacht. Kretschmer bat die Teilnehmer am „Sachsengespräch“ zu Beginn um eine Schweigeminute für das Todesopfer.

Das Opfer der tödlichen Messerattacke: Daniel H. (35) (Bild: twitter.com, APA/dpa/Jan Woitas, krone.at-Grafik)
Das Opfer der tödlichen Messerattacke: Daniel H. (35)

Ministerpräsident: „Werden alles tun, damit Verbrechen aufgeklärt wird“
Den ganzen Frust und die Wut der Bürger spürten dann die Politiker, allen voran Bürgermeisterin Barbara Ludwig, als sie sich die Sorgen der Bürger anhören mussten. Kretschmer versprach: „Wir werden alles tun, damit dieses Verbrechen aufgeklärt und gesühnt wird.“ Dies sei nun die Aufgabe der Justiz und der Gerichte, meinte der Ministerpräsident mit Blick auf Aufforderungen zur Selbstjustiz in sozialen Medien. Der CDU-Politiker wandte sich auch gegen fremdenfeindliche Übergriffe. So habe er bei seinem Besuch in Chemnitz eine dort schon lange lebende Frau chinesischer Herkunft getroffen, die in der Stadt angepöbelt worden sei. „Dem müssen wir alle mit aller Kraft entgegentreten“, rief er die anwesenden Bürger auf.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (links) und die Chemnitzer Bürgermeisterin Barbara Ludwig hielten eine Schweigeminute für das Mordopfer Daniel H.. (Bild: APA/dpa/Ralf Hirschberger)
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (links) und die Chemnitzer Bürgermeisterin Barbara Ludwig hielten eine Schweigeminute für das Mordopfer Daniel H..

Gauland: „Ausrasten nach solcher Tat legitim“
AfD-Chef Alexander Gauland verteidigte am Freitag die aggressiven Proteste. „Ausrasten ist nach einer solchen Tat legitim“, sagte Gauland im einem ZDF-Interview. Nicht legitim sei aber, wenn bei solchen Demonstrationen Menschen gejagt würden oder Einzelne den Hitlergruß zeigten. Dass es auch solche Vorfälle gegeben habe, mache den massenhaften Protest von Bürgern nicht illegitim. Dass solche „besorgte Bürger“ von den Medien und anderen dann als rechtsradikal hingestellt werden, „das kann nicht sein“, kritisierte Gauland. Wenn jemand wie der FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrer Flüchtlingspolitik für solche Proteste mitverantwortlich mache, „dann haben auch die Sachsen und die Chemnitzer das Recht, es so zu sehen“.

Bei der „Pro Chemnitz“-Protestkundgebung am Donnerstag registrierte die Polizei mindestens acht Straftaten. Dabei handelte es sich um Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, wie die Polizei mitteilte. Zudem wurden auch Teilnehmer wiedererkannt, die sich auch schon an den Ausschreitungen am Montagabend strafbar gemacht hatten.

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