US-Behörden zufolge nutzt China das Karriere-Netzwerk LinkedIn im großen Stil, um US-Bürger als Spione anzuwerben. Auf der Plattform der Microsoft-Tochter werde dabei „superaggressiv“ vorgegangen, sagte William Evanina, Leiter des für die Abwehr zuständigen National Counterintelligence and Security Center.
Bei der Kampagne würden Tausende LinkedIn-Teilnehmer auf einmal angesprochen mit dem Ziel, von ihnen politische und wirtschaftliche Geheimnisse in Erfahrung zu bringen, so Evanina gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Er forderte LinkedIn auf, nach dem Vorbild von Twitter, Google und Facebook entsprechende Nutzerkonten zu sperren.
LinkedIn sei eine „sehr gute Website“, sagte Evanina. Allerdings sei der Dienst auch ein wunderbarer Ort für Gegenspieler der USA. Diese könnten dort nicht nur etwa Mitglieder der Regierung oder ehemalige CIA-Agenten ins Visier nehmen, sondern auch Akademiker und Ingenieure - „alles, was sie wollen.“ Es handle sich um die „ultimative Spielwiese für die Erfassung“.
Evanina machte keine Angaben dazu, wie viele gefälschte Benutzerkonten entdeckt wurden, wie viele Amerikaner angesprochen wurden oder wie erfolgreich China bei der mutmaßlichen Rekrutierung war.
LinkedIn-Konten gelöscht
Der für Sicherheit zuständige LinkedIn-Manager Paul Rockwell bestätigte Gespräche zwischen seinem Unternehmen und den US-Behörden wegen chinesischer Spionage. Es seien in den vergangenen Tagen „weniger als 40“ gefälschte Konten gelöscht worden, sagte er Reuters. Ob es sich um chinesische Nutzer handelte, sagte er nicht. „Wir tun alles, was wir können, um dieses Vorgehen zu erkennen und zu unterbinden“, sagte er zu der mutmaßlichen Spionage.
US-Insidern zufolge handelt es sich bei den Zielpersonen um Experten etwa auf dem Gebiet der Supercomputer, Atomenergie, Nanotechnologie, Halbleiter, Gesundheitsversorgung, Samenzucht und grüner Technologie. Die chinesischen Geheimdienste gingen dabei mit Geldzahlungen und gefälschten Vorschlägen für Geschäfte vor.
„Umfang der Wirtschaftsspionage einzigartig“
Laut Joshua Skule, Leiter der Spionage-Abwehr beim FBI, richten sich etwa 70 Prozent der Spionagetätigkeit der Chinesen gegen die Privatwirtschaft. „Sie betreiben Wirtschaftsspionage in einem Umfang, der in unserer Geschichte einzigartig ist.“
Das chinesische Außenministerium wies die Vorwürfe in einer Erklärung zurück. Man wisse nicht, aus welchen Beweisen die US-Behörden ihre Schlussforderungen zögen. „Was sie sagen, ist völliger Unfug und hat Hintergedanken.“ Derzeit weitet sich der Handelsstreit zwischen den USA und China immer weiter aus. Für kommende Woche sind Zölle auf weitere chinesische Importe im Volumen von 200 Milliarden Dollar (171 Milliarden Euro) angekündigt.
Fake-Spionageprofile enttarnt
Bereits im vergangenen Dezember hatte der deutsche Bundesverfassungsschhutz Alarm geschlagen und vor gefälschten Spionageprofilen aus China in dem Karriere-Netzwerk gewarnt. „Soziale Netzwerke, insbesondere LinkedIn, werden im großen Stil zur Abschöpfung und Quellenwerbung genutzt“, sagt der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen. „Es handelt sich um einen breit angelegten Versuch der Infiltration insbesondere von Parlamenten, Ministerien und Behörden.“
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