Flüchtlingswelle 2015

Hacker: „Habe das immer für einen Fehler gehalten“

Wien
05.09.2018 10:43

Genau drei Jahre ist es nun her, dass die Flüchtlingswelle von Ungarn kommend erstmals Österreich erreicht hat. Dass dabei so viele Menschen unkontrolliert und unregistriert ins Land gelassen wurden, „habe ich immer für einen Fehler gehalten“, konstatierte nun der Wiener SPÖ-Sozialstadtrat Peter Hacker. Von jenen, die geblieben sind, hat übrigens bisher weniger als ein Drittel am Arbeitsmarkt Fuß gefasst.

Rückblickend sei es natürlich alternativlos gewesen, so zu handeln, ergänzte Hacker im ORF-Radio. Die gesamte EU habe übersehen, was sich in Syrien etc. abgespielt hat. Als die Menschen dann an der Grenze standen, sei es offensichtlich die Strategie des Bundes gewesen, sie nicht zu registrieren, „damit der Dublin-Mechanismus nicht losgetreten werden kann“. Deswegen habe man auf seine Initiative hin „in Wien in Absprache mit der Polizei begonnen, die Registrierungen zu machen“, schilderte Hacker, der 2015 noch als Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien (FSW) tätig war und sich erst kürzlich für mehr Geld für Deutschkurse starkgemacht hatte.

Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) (Bild: Zwefo)
Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ)

Erst 28 Prozent der Flüchtlinge haben am Arbeitsmarkt Fuß gefasst
 Nach mittlerweile drei Jahren hat übrigens kaum ein Drittel der Flüchtlinge am heimischen Arbeitsmarkt Fuß gefasst. Für Integrationsforscher Rainer Münz seien diese 28 Prozent hingegen im statistischen Vergleich ein „sehr schönes“ Ergebnis. Es dauere in der Regel viele Jahre, bis sich diesbezüglich eine Integration vollziehen lasse.

Flüchtlinge am Grenzübergang Nickelsdorf (Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
Flüchtlinge am Grenzübergang Nickelsdorf
Flüchtlinge am Grenzübergang Nickelsdorf (Bild: APA/Helmut Fohringer)
Flüchtlinge am Grenzübergang Nickelsdorf

Immer mehr Mindestsicherungsbezieher ohne österreichische Staatsbürgerschaft
Indes ist der Anteil der Mindestsicherungsbezieher ohne österreichische Staatsbürgerschaft weiterhin stark steigend - nicht nur, aber auch wegen der Flüchtlinge, sagte der Integrationsforscher. Der Soziologe Kenan Güngör plädierte gegenüber dem ORF daher dafür, Mindestsicherung verstärkt in Form von Sachleistungen auszubezahlen. 
Hier ortet Peter Hacker allerdings Probleme, da eine solche Regelung wohl weder mit EU-Recht noch mit der Verfassung konform gehe. Man müsse aber nun erst einmal „abwarten, was in dem Gesetz drinsteht“.

(Bild: Roland Muehlanger)

Zudem widersprach Hacker gegenüber dem ORF vehement der Existenz des sogenannten Pullfaktors, bei dem es darum geht, dass sich in jenen Bundesländern, in denen die Mindestsicherung besonders hoch sei, besonders viele Menschen ansiedeln würden. Sonst wären Vorarlberg, Tirol und Salzburg völlig überlaufen, argumentierte Hacker. Dass in Wien besonders viele Bezieher leben, liege laut dem SPÖ-Sozialstadtrat schlicht daran, dass sich Menschen in Millionenstädten bessere Möglichkeiten zur Entfaltung erhoffen würden.

Nehammer: Schuldeingeständnis kommt zu spät
„Wer den Flüchtlingsansturm und die damit entstandenen Belastungen als ,Mickey-Maus-Problem‘ ansieht, sollte sich mit Urteilen zurückhalten“, reagierte am Mittwochvormittag Karl Nehammer, Generalsekretär der neuen Volkspartei, auf die Aussagen des früheren Wiener Flüchtlingskoordinators und jetzigen SPÖ-Stadtrats. Hacker, der die Vorgänge am Wiener Westbahnhof noch als „,sensationell bezeichnet“ habe, „war nie Teil einer echten Lösung, sondern eher des Problems“. Die damaligen Vorgänge hätten „zu massiven Pull-Effekten“ geführt, die das Problem nur vergrößert hätten und „immer mehr Flüchtlinge nach Europa kommen ließen“, so Nehammer. 

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