Wie groß ist der Imageschaden, der durch die Hausdurchsuchungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) angerichtet worden ist? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Mittwoch der Untersuchungsausschuss in der brisanten Causa. Dabei wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz beinahe aus der „Berner Gruppe“, die dem Austausch zwischen europäischen Nachrichtendiensten dient, suspendiert worden wäre. Vom Innenministerium war stets in Abrede gestellt worden, dass die mittlerweile großteils als rechtswidrig bewerteten Razzien zu einem Vertrauensverlust bei ausländischen Partnerdiensten geführt hätten.
Ein von Listengründer Peter Pilz im U-Ausschuss vorgelegtes Antwortschreiben der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an BVT-Direktor Peter Gridling von Ende Juni lässt einen anderen Schluss zu. Darin wird auf Aussagen der BVT-Rechtsexpertin Michaela K. Bezug genommen, „dass eine Suspendierung des BVT in der Berner Gruppe im Raum stehe“. Dabei handelt es sich um einen Klub der Chefs europäischer und anderer wichtiger Geheimdienste, der dem Austausch und gemeinsamen strategischen Überlegungen dient. Um einer Suspendierung entgegentreten zu können, benötige das BVT eine „Schadensanalyse, welche den Partnerdiensten präsentiert werden könne“.
Die Staatsanwaltschaft gab in dem Schreiben an, dass sie noch ein als „SECRET“ eingestuftes Dokument habe, „welches dem BVT vom BfV (dem deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz, Anm.) zur Verfügung gestellt“ worden sei. Dieses Dokument sei „vom Beschuldigten entgegen den internen Vorschriften des BVT in seinem Büro aufbewahrt“ worden. Laut Pilz handelt es sich dabei um Bernhard P., den mittlerweile entlassenen BVT-Referatsleiter Nachrichtendienst, der am Nachmittag im U-Ausschuss aussagte. Ob sich unter den beschlagnahmten elektronischen Dokumenten welche von ausländischen Nachrichtendiensten befinden, könne aktuell nicht sicher gesagt werden, weil offenbar „in mehreren Fällen die internen Vorschriften des BVT betreffend die Speicherung, Verschlüsselung, Aufbewahrung und die Verarbeitung von klassifizierten Dokumenten von den Mitarbeitern nicht eingehalten wurden“.
VP-Amon: „Keine vertrauensbildende Maßnahme“
„Ich glaube dem Innenminister kein Wort mehr“, resümierte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer. Auch NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper ist verärgert: „Die Bevölkerung wird an der Nase herumgeführt.“ FPÖ-Fraktionsführer Hans-Jörg Jenewein sah die Sache ein bisschen anders: Ohne Details zu nennen, behauptete er, es habe diesbezüglich schon vor der Hausdurchsuchung Probleme gegeben. Aber selbst für den Koalitionspartner ÖVP ist nicht alles im Lot: Fraktionsführer Werner Amon meinte, dass die Hausdurchsuchungen und die öffentliche Diskussion ums BVT „nicht gerade das ist, was man insgesamt eine vertrauensbildende Maßnahme nennt“.
Die BVT-Rechtsexpertin K. selbst sagte im Ausschuss, sie habe die zuständige Staatsanwältin Ursula Schmudermayer schon bei der Razzia auf die Sensibilität der Arbeit des BVT hingewiesen und sie gebeten, beschlagnahmte Unterlagen zu versiegeln. Das wurde aber abgelehnt.
EDV-Experte: „Schwachsinn Fernlöschung geistert herum“
Überhaupt wurde wie bereits am ersten Befragungstag auch am Mittwoch von den Zeugen ein wenig schmeichelhaftes Bild von den Hausdurchsuchungen gezeichnet. Robert B., ein Mitarbeiter der EDV-Abteilung, schilderte die Razzia als schlecht vorbereitet. Es seien „wahllos Datenträger sichergestellt“ worden, auch solche, die selbst für Laien als unbrauchbar erkennbar gewesen seien. Und: „Sie hatten keine Behältnisse mit, um Datenträger mitzunehmen. Es wurden von uns Kartons und Plastiksackerl ausgeborgt.“ Auch die angeblich mögliche „Fernlöschung“ von Daten - das Hauptargument von Justiz und Polizei für die Razzia - dementierte der Techniker. Jeglicher Zugriff auf das Dokumentensystem im BVT werde protokolliert. „Der Schwachsinn mit dieser Fernlöschung, der herumgeistert, ist ein Schwachsinn - und das sollte einmal gesagt werden.“
Seitens des BVT wurde am Abend betont, dass die Zusammenarbeit mit Partnerdiensten weiter gut funktioniere: „Es gibt regelgemäße Treffen der Dienstchefs. An diesen Treffen nimmt das BVT nach wie vor teil“, erklärte Leiter Peter Gridling.
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