Was ist in den frühen Morgenstunden des 16. September des Vorjahres passiert? Dieser Frage ging gestern ein Schöffensenat am Straflandesgericht Graz nach. An jenem Tag soll ein 42-Jähriger eine Grazerin vergewaltigt haben. Der Mann, der die junge Frau in einer Disco kennengelernt hatte, stritt den sexuellen Missbrauch ab. Die Verhandlung wurde am Nachmittag vertagt.
Die Staatsanwaltschaft Graz klagte den Diplomingenieur an, sich in seiner Wohnung an dem wehrlosen Opfer vergangen zu haben. Er habe die Frau mit zu sich genommen, statt sie in ihr eigenes Zuhause zu bringen. Dort soll er sie sexuell missbraucht haben, als sie bereits eingeschlafen war. Als sie aufwachte und sich wehrte, habe er sich auf sie gekniet, an den Händen gepackt und sie oral vergewaltigt. Der Staatsanwalt warf dem Beschuldigten vor, „die starke Alkoholisierung ausgenutzt“ zu haben. Zudem wollte er sie an der Flucht hindern und zog an ihren Haaren, wobei ihre Haarverlängerungen ausgerissen wurden, so der Vorwurf.
Der Verteidiger zeigte wiederum Widersprüche auf: Die Frau habe keine Verletzungen im Intimbereich erlitten, die in Anbetracht ihrer Schilderungen aber entstehen hätten müssen. Die im Körper gefundenen fremden DNA-Spuren seien lediglich eine „Spur einer Spur“ und die orale Vergewaltigung sei gegen den Willen des Opfers „anatomisch sehr unwahrscheinlich“, meinte der Verteidiger. „Es kann also so, wie das Opfer es schildert, nicht stattgefunden haben.“
Schlafzimmer und Sofa
Der Angeklagte leugnete die Übergriffe. Er unterstrich aber, dass sich beide sympathisch waren. Sie hatten sich bereits in der Disco, wo sie sich kennengelernt hatten, geküsst. „Sie hat mich schon in der Disco angefasst und mir Komplimente für meinen Körper gemacht.“ Sie im Schlafzimmer und er auf dem Sofa Sie sei es gewesen, die ihn dann gefragt habe, ob sie mit ihm nach Hause fahren dürfe. Nach einem kurzen Gespräch auf dem Sofa sei sie freiwillig in sein Schlafzimmer ins Bett gegangen, während er am Sofa eingeschlafen sei. „Plötzlich rüttelte sie mich und sagte, sie müsse schnell weg. Sie wirkte aufgeregt.“ Er legte sich wieder schlafen und dann stand die Polizei vor der Tür.
Aufgebrachte Frau
Während der Beantwortung der Fragen begann der Beschuldigte mehrmals zu weinen: „Sie hat mir gefallen. Ich wollte sie näher kennenlernen, mit ihr vielleicht zusammen frühstücken und am nächsten Tag etwas unternehmen.“ Eine Polizistin schilderte als Zeugin, dass sie die junge Frau sehr aufgebracht auf einem Parkplatz angetroffen habe. Ein anderer Polizist sagte aus, dass die 19-Jährige damals angegeben habe, dass sie wegen ihrer Haar-Extensions noch einmal in die Wohnung des Beschuldigten zurück gegangen sei. Bei späteren Vernehmungen hatte sie davon nichts mehr gesagt.
Als der Angeklagte die Wohnung öffnete, habe er verschlafen und überrascht gewirkt, sagte der Beamte weiters. Weitere Gutachten werden nun eingeholt.
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