Im Vorjahr hatte er sich noch als fast frischgebackener ÖVP-Chef und Außenminister den Fragen gestellt, am Montag stand Sebastian Kurz erstmals als Bundeskanzler Rede und Antwort im ORF-„Sommergespräch“. Neben Religion und persönlicher Lebenseinstellung war dabei erwartungsgemäß auch die Flüchtlingsproblematik ein großes Thema. Grundsätzlich zeigte er sich dabei zuversichtlich: „Die Mittelmeerroute schließt sich gerade.“
Zu Beginn stand die Religion im Zentrum des Gesprächs mit den Moderatoren Nadja Bernhard und Hans Bürger. Kurz erklärte, dass er ein christlicher Mensch sei und auch „in regelmäßigen Abständen“ die Kirche besuche. Grundsätzlich halte er die religiöse Einstellung vor allem aber für eine Privatsache. Beim Thema Homo-Ehe, das ja auch in der katholischen Kirche für Aufregung gesorgt hatte, pochte der Kanzler darauf, dass der Spruch des Verfassungsgerichts zu respektieren sei. Persönlich würde er sich jedenfalls für eine Ehe entscheiden, und er glaube auch, dass viele homosexuelle Paare diese einer eingetragenen Partnerschaft vorziehen würden.
Schwer getroffen zeigte sich Kurz vom Vorwurf eines Zusehers, dass er nicht christlich-sozial sei. Dabei verwies er auch auf seine persönliche Familiengeschichte. Er stamme aus „kleinen Verhältnissen“ und habe am Schicksal seines Vaters gesehen, wie schwer es sein könne, wenn man nach jahrzehntelanger Arbeit in einer Firma seinen Job verliere. Dies habe ihn in seinem politischen Wirken immer geprägt. Das Christlich-Soziale bezeichnete Kurz als „Säule der ÖVP und wichtig in meiner Amtsführung“.
Wie zu erwarten, war dann freilich auch das Migrationsthema ein größerer Block in der Sendung. Dabei plädierte Kurz dafür, stärker mit den afrikanischen Staaten zu kooperieren, um den Flüchtlingsstrom einzudämmen. Da passiere schon einiges, etwa bei der Schulung von libyschen Polizisten. Insgesamt zeigte sich der Kanzler dabei sehr positiv gestimmt, er meinte: „Die Mittelmeerroute schließt sich gerade.“ So zeige etwa der Kampf gegen Schlepper erste Erfolge, gleichzeitig würden weniger Menschen im Mittelmeer ertrinken. Dass man das Schleppersystem durchbrechen möchte, sei nicht seine Einzelmeinung innerhalb Europas, „darauf haben sich alle 28 Staats- und Regierungschefs geeinigt“, so Kurz.
Klare Worte fand Kurz, als es um die UNO-Prüfung durch die Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet ging. Dabei zeigte er sich verwundert, warum gerade Österreich und Italien als Erstes ins Visier geraten seien. Als Außenminister sei er viel herumgekommen und habe in vielen Ländern viel gravierendere Probleme gesehen. „Ich habe mir schon meinen Teil gedacht. Ich respektiere jede Entscheidung der UNO, aber es wird ihnen hoffentlich schnell klar werden, dass Österreich und Schweden die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben und Asylwerber hierzulande hohe Mindestsicherungszahlungen bekommen.“ Die Prüfung werde hoffentlich dazu dienen, „Vorurteile abzubauen“, so Kurz.
Arbeitszeitflexibilisierung: „Vieles ist Propaganda“
Um Kalmierung war Kurz in der Debatte um die Arbeitszeitflexibilisierung bemüht: „Vieles ist Propaganda.“ Jene, die mehr arbeiten wollen, sollten das tun dürfen. Die Verweigerung von Mehrarbeit dürfe nicht zur Kündigung führen. Auf den Einwand, dass sich nicht alle Chefs daran hielten, wies Kurz darauf hin, dass es das auch jetzt schon gebe und so etwas geahndet werde. Er wünsche sich „ein Ende der Propaganda“. „Für die Menschen hat sich nichts geändert“, so Kurz.
Als „reine SPÖ-Propaganda“ bezeichnete er den Vorwurf, dass kleine und mittlere Einkommensschichten von der Regierung benachteiligt würden. „Wir wollen Steuern senken und nicht wie die Stadt Wien Gebühren erhöhen.“ Man müsse den Wirtschaftsstandort stärken, damit es allen Menschen besser gehe. „Ich werde es Ihnen beweisen: Am Ende meiner Legislaturperiode werden Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen weniger Steuern zahlen.“ Als generelle Ziele seiner Amtszeit nannte er: Sicherheit, Standortpolitik, Sozialstaat ausbauen und treffsicherer machen.
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