Für Ärztekammer und Krankenkasse wird es immer schwieriger, Ärzte fürs Land zu finden. Zu wenige wollen Hausarzt sein. Was also tun? Bei einer Tagung von Allgemeinmedizinern in Innsbruck lassen die Fachleute aufhorchen. Sie sprechen nicht von einem Ärztemangel, sondern von einem Verteilungsproblem. Mehr Studienplätze gehören nicht zu den Forderungen der Experten, aber mehr Praxisplätze.
Prof. Peter Loidl ist Vize-Rektor der Medizin-Uni Innsbruck. Umso bemerkenswerter ist seine Aussage, dass mehr Studienplätze das Problem des drohenden Ärztemangels am Land nicht lösen. Loidl outet sich damit auch als Kritiker der vom Land Tirol geplanten eigenen Ärzte-Ausbildung. „Wir haben nicht zu wenig Ärzte, wir haben ein Verteilungsproblem“, sagt Loidl. Auch Herbert Bachler, Vorsitzender der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin, warnt vor einer „Schmalspurausbildung“, die dem Fach Allgemeinmedizin vielleicht mehr schaden als nützen würde.
Fakt ist, dass sich nur wenige Studierende für Allgemeinmedizin entscheiden - schon hier beginnt das Verteilungsproblem. 400 Studienplätze gibt es jedes Jahr in Innsbruck zu vergeben. Im Zuge der Ausbildung entscheiden sich maximal 15 bis 20 Prozent der Absolventen für Allgemeinmedizin. „Vor fünf Jahren lag der Anteil sogar unter zwei Prozent“, wirft Loidl ein.
Facharzt und Professur für Allgemeinmedizin
Die Praktiker fordern, dass auch die Allgemeinmediziner einen Facharzt-Status bekommen. „Das würde den Beruf attraktiver machen“, ist Sebastian Huter, Obmann der „Jungen Allgemeinmedizin Österreich“ überzeugt. Auch eine Professur für Allgemeinmedizin in Innsbruck wird gefordert. Bachler: „Wir sind die einzige Uni in Österreich, in der es das noch nicht gibt.“
Nach dem Studium wandern Junge ab
Nach dem Studium wandern viele Jungmediziner ab, weil sie in anderen Ländern schneller Praktikumsplätze finden. Auch das zeigen die Tagungsteilnehmer auf. „Wir könnten mittlerweile viele Praktikumsstellen in Hausarzt-Praxen anbieten. Aber die Jungmediziner kommen erst gar nicht bis zu uns, weil sie davor im Krankenhaus Praxis sammeln müssen, da aber keinen Platz finden“, sprechen Bachler und Loidl von einem Flaschenhals, den es zu beseitigen gilt.
Freie Arztwahl führt zu einer „Überversorgung“
In Österreich gilt grundsätzlich freie Arztwahl. Ambulanz, Facharzt, Hausarzt - einige Patienten konsultieren bei einer Frage alle parallel. Auch hier ein Verteilungsproblem. Erika Baum, Vertreterin der deutschen Allgemeinmediziner: „Wir sind teilweise überversorgt, weil die Koordination fehlt.“ Baum plädiert für den Hausarzt als zentrale Schaltstelle: „Andere Länder zeigen es vor: sie haben weniger Ärzte, aber bessere Ergebnisse.“
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