Kickl bei EU-Gipfel:

„Asyl-Schnellprüfung bereits auf den Schiffen“

Österreich
14.09.2018 21:25

Beim EU-Afrika-Treffen zur Sicherheitspolitik in Wien ist es am Freitag vor allem auch um die umstrittenen Frage der Anlandeplattformen für Migranten in Nordafrika gegangen. Konkrete Zusagen für eine Kooperation der betroffenen Länder gebe es zwar noch keine, Österreichs Innenminister Herbert Kickl wehrte sich aber gegen eine pessimistische Einstellung bei diesem Thema. „Das würde dann doch heißen, dass wir die weiße Flagge aufziehen. Wir werden aber vor der internationalen Schlepperkriminalität nicht kapitulieren!“ Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem italienischen Amtskollegen Matteo Salvini legte er dann noch einmal nach und forderte, dass künftig Asylprüfungen bereits auf jenen Schiffen stattfinden sollten, welche die Migranten aus dem Mittelmeer gerettet haben.

Kickl meinte, sein Vorschlag habe „nebenher den Vorteil, dass die Schiffe für weitere Schleppereien aus dem Verkehr gezogen werden“. Salvini distanzierte sich scherzhaft von der Idee. Man sollte die Migranten nicht auf den Schiffen kontrollieren, denn: „Da könnte man angeklagt werden, dass man die Personen gefangen hält.“ Auf Nachfrage präzisierte Kickl dann noch, dass er mit seinem Vorschlag nicht das Asylverfahren an sich meine, sondern die vom EU-Gipfel im Juni in Aussicht genommene „Schnellklärung“, ob eine Person schutzbedürftig sei.

Diese Prüfung könne man an Land machen, „am besten an der Außengrenze“, oder eben auf einem Schiff. Damit hätte man auch den Vorteil, dass von 100 geretteten Personen „nur noch zehn übrig“ bleiben und damit „europäischen Boden betreten, während die anderen diese Möglichkeit nicht haben“. Auf die Frage, welche Unterstützung er für diesen Vorschlag habe, sagte Kickl: „Nachdenken ist nicht verboten.“

Ärzte ohne Grenzen: „Im Widerspruch zu internationalem Seerecht“
Ärzte ohne Grenzen übte scharfe Kritik an Kickls Vorstoß. „Nach internationalem Recht haben Asylsuchende das Recht, ihre Anträge in einem sicheren Drittland von den zuständigen Behörden prüfen zu lassen. Ein solches System würde den Aufenthalt der Überlebenden auf hoher See unnötigerweise verlängern, was in Widerspruch zum Internationalen Seerecht steht“, hieß es in einer Aussendung. Anstatt die Helfer und Helferinnen zu kriminalisieren, sollten die europäischen Staats- und Regierungschefs den Schutz von Menschenleben in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellen. Schiffe seien nicht ausgerüstet und hätten auch nicht das Mandat, Asylanträge zu bearbeiten.

EU-Kommissar weit pessimistischer
 Konkrete Nachfragen von Journalisten wegen eines möglichen Starttermins für die künftige europäische Migrationsstrategie wies Kickl bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos ab. Er könne keinen genauen Zeitpunkt festmachen, er hätte den Start „am liebsten bereits morgen“. Dies sei aber in der jetzigen Situation offenbar nicht möglich. Wichtig sei ihm allerdings, dass jetzt einmal die Diskussion über Lösungsansätze angestoßen sei. Es habe sich schon mehrmals in der Geschichte gezeigt, dass sich scheinbar unmögliche Dinge dann auch tatsächlich umsetzen lassen.

Österreichs Innenminister Herbert Kickl und EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos bei der Pressekonferenz am Freitag (Bild: APA/HANS PUNZ)
Österreichs Innenminister Herbert Kickl und EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos bei der Pressekonferenz am Freitag

In diesem Punkt stimmte ihm auch Avramopoulos zu, der sich beim Thema Umsetzbarkeit von Anlandeplattformen aber wesentlich pessimistischer zeigte. Vor dem Treffen hatte dies auch kurz für Misstöne gesorgt (siehe Video unten), bei der Pressekonferenz am Nachmittag gaben sich beide aber wieder versöhnt.

Kickl erinnerte in seiner Stellungnahme auch daran, „wie lange andere Sachen“ auf europäischer Ebene beraten werden. So werde etwa seit neun Jahren über den Schutz der EU-Außengrenzen gesprochen, über die Umsetzung des Austausches von DNA-Daten zwischen den Mitgliedsstaaten sogar schon seit 2004. Beim Thema Anlandeplattformen sei er daher „überrascht über die Ungeduld, die hier herrscht“. Dazu verwies der Innenminister neuerlich darauf, dass der Plan erst vor zwei Monaten beschlossen worden sei. Wenn man sich vor Augen halte, dass schon seit dem Jahr 1999 über ein gemeinsames europäisches Asylsystem diskutiert werde, „dann sind zwei Monate nichts dagegen“.

„Wir wollen eine Win-win-Situation“
Kickl räumte ein, dass die Interessen der EU und Afrikas auf den ersten Blick „nicht kompatibel“ seien. Doch werde sich zeigen, dass beide Seiten ein großes Interesse an einem effektiven EU-Grenzschutz und einer Bekämpfung der Fluchtgründe in den Herkunftsstaaten haben sollten. „Wir wollen ein Gespräch auf Augenhöhe, wir wollen eine Win-win-Situation aller Beteiligten.“

Österreichs Innenminister Herbert Kickl bei der Pressekonferenz am Freitag (Bild: APA/HANS PUNZ)
Österreichs Innenminister Herbert Kickl bei der Pressekonferenz am Freitag

Als Modell für die künftige Zusammenarbeit mit den afrikanischen Staaten hob er jene zwischen der EU und den Westbalkan-Ländern hervor. Sie sei „ein gutes Beispiel, was man erreichen kann“ bei der Bekämpfung von Kriminalität und illegaler Migration.

So verlief der erste Tag am Wiener EU-Gipfel:

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