„Keine Perspektive“

Wien: Schubhäftlinge legen Feuer in Anhaltezentrum

Wien
15.09.2018 08:09

Schubhäftlinge haben in der Nacht auf Samstag in einer Zelle des Wiener Polizeianhaltezentrums (PAZ) am Hernalser Gürtel in der Josefstadt Feuer gelegt und versucht, die Einsatzkräfte am Betreten des Raumes zu hindern. Alle sechs Insassen der Zelle - fünf Afghanen und ein Iraner - wurden schwer verletzt. Am Samstagmorgen stand schließlich fest, dass die Schubhäftlinge die mutmaßliche Selbstmordaktion gemeinsam geplant hatten. „Alle sechs haben einen Abschiedsbrief, den wir gefunden haben, unterschrieben“, erklärte Polizeisprecher Harald Sörös. In dem stark angesengten Schriftstück - ein Zettel im DIN A5-Format - schrieben die Männer, dass es keinen Sinn mehr mache und sie keine Perspektive mehr sehen würden. Außerdem vermerkten sie ihre Abschiebe-Termine. Der Brief war in Deutsch verfasst.

Das Feuer war gegen 22.30 Uhr in einer Zelle im ersten Stock des PAZ ausgebrochen. Es wurden starke Polizeikräfte, 50 bis 60 Polizisten im Regeldienst, dazu je 20 Beamte der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung und der Bereitschaftseinheit, herangezogen. Sörös zufolge hatten die Häftlinge die Zellentür mit einem Spind verstellt, um die Einsatzkräfte am Betreten zu hindern. Ein Häftling lag reglos hinter der Tür. Ihn brachten die Beamten sofort aus der Gefahrenzone. In die Zelle konnten die Beamten nicht eindringen, da die Rauchentwicklung zu stark war. So übernahm die Wiener Berufsfeuerwehr.

(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
(Bild: LPD Wien, krone.at-Grafik)
(Bild: LPD Wien, krone.at-Grafik)

Matratzen und Bettzeug in Brand gesteckt
„Wir wurden gegen 22.30 Uhr alarmiert und lösten - wie in solchen Fällen üblich - Alarmstufe zwei aus“, sagte der Sprecher der Berufsfeuerwehr, Gerald Schimpf. Unter Atemschutz drangen die Feuerwehrleute - 70 waren im Einsatz - mit einer Löschleitung in das Gebäude ein und holten die anderen fünf Häftlinge aus der Zelle. Alle wurden der Berufsrettung übergeben. Dabei mussten zwei der Schwerverletzten künstlich beatmet werden. Erste Ermittlungen ergaben, dass die sechs Häftlinge Matratzen und Bettzeug in Brand gesteckt hatten.

(Bild: LPD Wien, krone.at-Grafik)
(Bild: LPD Wien, krone.at-Grafik)
(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)

PAZ teilweise evakuiert
Die Flammen waren schnell gelöscht. Wegen der starken Rauchentwicklung wurden 40 weitere Häftlinge aus dem ersten Stock des PAZ teilweise in den Innenhof und in andere Stockwerke evakuiert. Bei 14 bestand der Verdacht auf Rauchgasvergiftung, daher wurden sie von der Berufsrettung medizinisch versorgt. Auch ein Polizist wurde auf eine Rauchgasvergiftung überprüft, bei ihm wurde aber Entwarnung gegeben. Die Feuerwehr kontrollierte das Gebäude auf Rauchgase.

(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)

Die Berufsrettung brachte laut ihrem Sprecher Andreas Huber die sechs Schwerverletzten in verschiedene Wiener Krankenhäuser. Nach Angaben der Polizei sind die fünf Afghanen 18 bis 33 Jahre alt. Beim sechsten Schwerverletzten handelt es sich um einen 30-jährigen Iraner. Zwei mussten künstlich beatmet werden, alle sechs wurden auf Intensivstationen untergebracht. Die Berufsrettung war mit einem Großaufgebot am Einsatzort. Darunter waren auch die Wagen des Katastrophenzuges. Der innere Gürtel war einige Zeit für den Verkehr gesperrt.

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