Brauchen wir eine „weiblichere“ Politik? Und sind nicht Frauen generell die besseren Politiker? Darüber diskutierten am Mittwochabend Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), NEOS-Abgeordnete Claudia Gamon, SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek und Politik-Expertin Maria Pernegger im krone.at-Talk. Mikl-Leitner verwies auf die Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte, etwa weibliche Landeschefs wie sie selbst, bekannte aber auch: „Es gibt noch ganz viel Luft nach oben. Als Frau muss man sich mehr anstrengen. Als Mann muss man 100 Prozent geben, als Frau 120 Prozent.“
Zur hochkarätigen Besetzung der Diskussionsrunde zählte etwa Johanna Mikl-Leitner. Die Grande Dame der ÖVP regiert in Niederösterreich mit absoluter Mehrheit. Sie sagte im krone.at-Talk: „In der Politik geht es nicht darum, ob man Mann oder Frau ist.“ Wünschenswert wären mehr Frauen, die „den Mut haben, in die Spitze einzusteigen“. Gleichzeitig wies sie auf die Schwierigkeiten hin, die Politikerinnen in ihrem Job erwarten: „Um als Frau in die Politik zu gehen, braucht es eine dicke Haut.“
Quote „nicht die alleinige Lösung“ Verpflichtenden Frauenquoten in Politik und Wirtschaft kann sie nur bedingt etwas abgewinnen: Das sei „nicht die alleinige Lösung“, vielmehr müsse an einem allgemeinen Bewusstseinswandel gearbeitet werden. Dieser sei durch „Randthemen“ wie dem Binnen-I nicht erreichbar: „Da fragt sich die Bevölkerung zu Recht, warum versteht mich die Politik nicht?“
Johanna Mikl-Leitner, ÖVP
(Bild: Zwefo)
Ebenfalls mit von der Partie war NEOS-Europasprecherin und Nationalratsabgeordnete Claudia Gamon. Sie wurde bereits als Kandidatin der NEOS für die EU-Wahl im nächsten Jahr genannt. „Frauenpolitik wurde bei den NEOS zur Chefsache gemacht“, sagte sie angesichts des für viele überraschenden Rücktritts von Gründer Matthias Strolz und des Aufrückens von Meinl-Reisinger in die Parteispitze. Einen Unterschied im Bild, das ihre Partei nach außen abgibt, will Gamon nicht erkennen: „Sie verkörpert die NEOS genauso, wie es Matthias Strolz getan hat.“
„Beate ist auch ein Alphatier“ Auf die neue SPÖ-Chefin Rendi-Wagner sahen zahlreiche Beobachter Probleme im Umgang mit den „Alphatieren“, etwa aus diversen SPÖ-Landesorganisationen, zukommen. Derartige Querelen muss die neue NEOS-Chefin laut ihrer Parteikollegin Gamon nicht fürchten: „Die Beate sagt gerne von sich, sie ist selber ein Alphatier. Sie ist selber eine Rampensau.“
Claudia Gamon, NEOS
(Bild: Zwefo)
Ergänzt wurde die Diskussionsrunde von der SPÖ-Frauenvorsitzenden Gabriele Heinisch-Hosek, die ihrer frischgebackenen Parteichefin Rendi-Wagner bereits Rosen gestreut hatte: Sie freue sich „total“, dass erstmals in 130 Jahren Sozialdemokratie eine weibliche Vorsitzende das Ruder übernimmt. Ganz allgemein sah sie die Entwicklung für Frauen in der Politik positiv: „Wir werden mehr im Parlament, und das ist gut so“, verwies sie auf den über die Jahrzehnte langsam gestiegenen Frauenanteil im Hohen Haus. Die Wirtschaft habe hier teilweise noch Nachholbedarf: „Auf das Potenzial Frau verzichten in der Industrie viel zu viele.“
Rendi-Wagner „braucht keinen Bihänder“ Der abtretende SPÖ-Chef Christian Kern hatte seinen Rückzug in der Vorwoche unter anderem damit begründet, dass er weniger begabt darin sei, in der Opposition „den Bihänder zu schwingen“. Heinisch-Hosek relativierte diese Darstellung: „Auch Rendi-Wagner braucht keinen Bihänder.“ Glückwünsche an die neue Parteichefin kamen auch vom politischen Gegner: Mikl-Leitner gratulierte Rendi-Wagner „von Herzen“ zu deren Nominierung.
Gabriele Heinisch-Hosek, SPÖ
(Bild: Zwefo)
Zudem nahm Maria Pernegger im krone.tv-Studio Platz. Die Autorin diverser Forschungspublikationen - vor allem im medien- und gesellschaftspolitischen Kontext - gilt als Expertin punkto Frauenpolitik. „Ich bin der Überzeugung, dass das eine Frau genauso gut kann wie ein Mann“, machte sie gleich zu Beginn klar. Bezüglich der Umwälzungen an der SPÖ-Spitze, wo zunächst mehrere männliche Top-Politiker als Chef-Kandidaten gehandelt worden waren, die dann absagten, bezeichnete sie es als „nicht so förderlich, wenn Frauen immer als Notlösungen präsentiert werden“.
„Rabenmutter-Stempel“ bekämpfen Zwar hätten Frauen grundsätzlich dieselben Voraussetzungen, um eine Spitzenrolle zu spielen, doch sei gerade die Politik ein „schwieriges, um nicht zu sagen frauenfeindliches Pflaster“. Um die Situation zu verbessern, müsse man auf Gemeindeebene beginnen und das Image der Politik verbessern. Die nach wie vor bestehenden Vorurteile in der Gesellschaft seien hinderlich, als Frau bekomme man schnell den Stempel „Rabenmutter, karrieregeil“ aufgedrückt.
Politik-Expertin Maria Pernegger
(Bild: Zwefo)
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Katia Wagner diskutiert in der gleichnamigen Sendung jeden Mittwoch mit Gästen aus Politik und Society gesellschaftspolitische Themen, die Österreich bewegen.
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