Am 13. Oktober feiert Christiane Hörbiger ihren 80. Geburtstag. Im Interview mit der „Krone“ erzählt die Grande Dame, wie sie der heurige Sommer verändert hat, wie ihr nach Gerhard Tötschingers Tod ein Psychiater half, ihre Lebensfreude wiederzufinden, und warum sie jetzt nicht mehr drehen will.
Hotel Kärntnerhof im 1. Bezirk in Wien. In der Suite, die nach ihr benannt ist, treffen wir Christiane Hörbiger. Die beliebte Schauspielerin wohnt gleich ums Eck und fühlt sich hier wie daheim. Sie überrascht mit ungewohnt kessem Look: knallenge Denim-Jeans, kurze Stiefeletten mit Leoparden-Print und ein feuerrotes Sakko. Im Schlepptau an der farblich perfekt abgestimmten Leine ihre beiden Möpse Vicco und Loriot, die später während des Gesprächs laut vor sich hin schnarchen.
Die Jubilarin sieht fantastisch aus, ganz genau so, wie Sie sie auf den Fotos auf dieser Seite sehen. Nur eine Visagistin pinselt schnell übers Gesicht. Als hätten die bald 80 Jahre rein äußerlich keine Spuren an ihr hinterlassen. Wäre ihr Leben ein Film, dann hätte sie auch schon einen Titel dafür, sagt sie: „Gute Zeiten, schlechte Zeiten.“
Vor allem die vergangenen beiden Jahre waren hart: Am 9. August 2016 verlor das „Hörbigerlein“, wie sie ihr Gerhard Tötschinger stets liebevoll nannte, ihren Lebensmenschen. Es geschah im jährlichen Sommerurlaub in St. Gilgen. Der 70-Jährige hatte sich zu einem Mittagsschläfchen zurückgezogen, aus dem er nicht mehr erwachte. Lungenembolie, lautete die Diagnose. Möglicherweise eine Spätfolge der Amputation seines linken Fußes nach einer Blutvergiftung.
Über 30 Jahre war der Schriftsteller und Theaterintendant der Halt in Christiane Hörbigers Leben. Sechs Tage später hätten sie geheiratet, wie sie in unserem letzten Interview damals verriet: „In einem Pavillon am See. Alles war vorbereitet, das Aufgebot bestellt.“
Für die Schauspielerin wiederholte sich das Schicksal damit auf fast zynische Weise: Denn schon 1978 hatte sie ihren damaligen Ehemann und Vater des gemeinsamen Sohnes ebenfalls tot aufgefunden. Rolf Bigler war mit erst 48 Jahren einem Herzstillstand erlegen.
„Krone“: Frau Hörbiger, wie geht es Ihnen? Ist der Schmerz etwas kleiner geworden?
Christiane Hörbiger: Nein, er wird nicht kleiner. Die Wunde schließt sich, aber die Narbe bleibt. Und man lernt auf seltsame Weise damit umzugehen.
Bei unserem letzten Gespräch haben Sie uns ein großes Geheimnis verraten: dass Sie die Hilfe eines Psychiaters in Anspruch genommen haben. Gehen Sie noch immer hin?
Dazu stehe ich, er hat mir enorm geholfen in dieser sehr schweren Zeit. Meine beiden Schwestern hatten mich angemeldet. Zum ersten Termin bin ich noch mit Kopftuch und Sonnenbrille. Auch jetzt gehe ich noch hie und da hin. Aber nicht mehr regelmäßig.
Wie sehr hilft Ihnen der Glaube?
Enorm! Ich bete jeden Tag und sage dem lieben Gott Danke, dass ich aufwachen darf. Das Leben ist ein Geschenk und so wunder-wunderschön.
Woher nehmen Sie Ihre Kraft?
Mir wird immer wieder gesagt: „Sie sind so eine starke Frau!“ Und wissen Sie was? Irgendwann glaubt man es dann sogar selbst. (lacht)
Gehen Sie zum Grab von Herrn Tötschinger auf den Zentralfriedhof?
Er ist viel eher an seinem Schreibtisch daheim als am Zentralfriedhof. In der Früh bete ich auf seinem Platz für ihn und erzähle, was wir machen, wir drei. Unsere beiden Hunde und ich.
Sie sind sehr gläubig. Denken Sie, dass Sie einander einmal wiedersehen werden?
Das ist eine wichtige Frage, die Sie mir da stellen! Das will ich schon die ganze Zeit den Abt Henckel-Donnersmarck fragen! Der Glaube verspricht uns ein Leben nach dem Tod - aber das Wichtigste sagt er uns nicht: Ob wir unsere geliebten Menschen wiedersehen?
Wie schwierig war es für Sie, wieder an jenen Platz am Wolfgangsee zurückzukehren, an dem Herr Tötschinger starb?
Ich war nicht in derselben Wohnung, sondern darüber. Ich hatte schon große Angst davor. Aber dann fiel mir wieder der Satz eines Bekannten ein, der auch dort wohnt und gemeint hat, das sei so ein einzigartiger Platz, den gibt man nicht auf. Wenn ich an der Wohnung vorbeigehe, in der ich mit dem Gerhard so schöne Zeiten verbracht habe, mache ich ein Kreuzerl.
Sie haben neulich mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt, nicht mehr drehen zu wollen. Noch in unserem letzten Gespräch nach Gerhard Tötschingers Tod meinten Sie: „Die Arbeit ist mein Halt, mein Anker und mein Lebenselexier.“ Was ist in der Zwischenzeit geschehen?
Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Oder doch, vielleicht schon: Wissen Sie, der heurige Sommer war so wunderschön, den habe ich so sehr genossen, dass ich am liebsten zwei Monate geblieben wäre. Aber nach einem Monat musste ich wieder zurück und arbeiten. Dauernd warten irgendwelche Verpflichtungen auf mich. Und da habe ich mir gesagt: Das will ich nicht mehr. Ich will wieder mehr ganz ich selbst und nicht mehr abhängig sein von irgendwelchen Terminen oder Drehplänen. Das geht so seit meinem 17. Lebensjahr, da hab ich begonnen mit Mayerling und der Rolle der Vetsera. Jetzt werde ich 80 und muss auf mich schauen. Es ist mein Leben, und so viel Zeit bleibt mir nicht mehr.
Sind Sie manchmal selbst etwas auf der Strecke geblieben, weil Sie immer so sehr Ihrer Disziplin und Ihrer Arbeit gefolgt sind?
Das haben Sie schön ausgedrückt - genauso ist es. Das ist die Antwort!
Sie kommen nun wieder mit neuen Produktionen ins TV. Einmal als Mörderin, dann mit etwas Lustigem. Wenn man durchsieht, fällt die extreme Vielseitigkeit auf. Sie haben eine Obdachlose gespielt, eine Alkoholikerin, eine Demenzkranke; aber auch bei Rosamunde Pilcher. Was liegt Ihnen am Nächsten?
Die Rollen gehen immer ans Innerste. Und nach den Katastrophenweibern zuletzt war ich ganz froh, mit „Einmal Sohn, immer Sohn“ endlich auch wieder etwas Heiteres zu drehen.
Was würden Sie nicht mehr machen?
(sie fischt nach dem Namen) Sie haben die eh gerade genannt ... diese Pilcher! Das würde ich heute nicht mehr machen. Aber vielleicht wollte ich damals nur was verdienen? (lacht)
Welche Gefühle haben Sie, wenn Sie an Ihren 80er denken?
Früher habe ich geklagt: „Oh Gott, jetzt werd ich 60 ... 65 ... 70.“ Heute sag ich: „Gott sei Dank werd ich 80!“
War ein Geburtstag wirklich schlimm?
Interessanterweise der 70er! Damals hat mich der Götz George angerufen, der ein paar Monate älter war als ich. Gerhard meinte: „Sie schluckt schon ein bisschen ...“ Da hat der Götz geantwortet: „Sag ihr: Es ist nur ein Tag!“ Es stimmt: Es ist nur ein Tag.
Macht einen das Alter entspannter?
Natürlich! Man hat seine Schäfchen im Trockenen und muss auch keine Zukunftsängste mehr haben. Mein Sohn, der Sascha, ist jetzt 50 und ein ganz toller Regisseur. Er macht das großartig und hat eine zauberhafte Familie.
Wird man auch großzügiger mit dem Aussehen?
Disziplin ist mir nach wie vor wichtig. Ich will meine Figur behalten und mache täglich 30 Kniebeugen. Aber Botox hab ich wieder sein lassen. Das nützt bei mir sowieso nichts. Und die Haare färbe ich nicht mehr. Die sind jetzt weiß und basta.
Welche Lehre ziehen Sie aus Ihrem Leben?
Ich hätte mir viele Ängste ersparen und das Leben leichter nehmen können. Aber das weiß ich auch erst jetzt.
Wie verbringen Sie Ihren Geburtstag?
Nur mit der Familie in winzig kleinem Kreis.
Edda Graf, Kronen Zeitung
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