Bei Moschee-Eröffnung
Erdogan schwingt in Köln erneut die Rassismuskeule
Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Samstagabend die DITIB-Moschee in Köln eröffnet. Rund 3000 Polizisten sorgten für die Sicherheit des Staatschefs. Knapp 2000 Demonstranten hatten sich zu Protestkundgebungen unter dem Motto „Erdogan Not Welcome“ am Rhein-Ufer versammelt. Die Veranstaltungen gingen ohne Zwischenfälle zu Ende. Weit mehr Erdogan-Anhänger waren nach Köln geströmt, um die Eröffnung eines der repräsentativsten Moschee-Bauten Europas zu verfolgen. Dabei sprach Erdogan von einem „erfolgreichen Besuch“, bei dem die deutsch-türkische Freundschaft vertieft worden sei. Kritik übte er am „rassistischen“ Umgang mit dem Fall Özil.
Der 64-Jährige kritisierte den Umgang Deutschlands mit dem ehemaligen Fußballnationalteamspieler Mesut Özil und seinem Teamkollegen Ilkay Gündogan, die nach einem Foto mit Erdogan starker Kritik ausgesetzt waren. Nur deswegen seien sie „aus der Gesellschaft ausgegrenzt worden“, sagte Erdogan. „Dafür habe ich kein Verständnis.“ Er wolle denen danken, die zu Özil gehalten haben.
Erdogan spricht sich für Doppelstaatsbürgerschaft aus
Der türkische Staatschef sprach sich in der Rede auch für die doppelte Staatsbürgerschaft aus. Er habe „mit vielen Menschen gesprochen, damit die doppelte Staatsbürgerschaft wieder durchgesetzt wird“, sagte Erdogan. Damit werde das „Wir-Gefühl in Deutschland“ und die Verbundenheit zwischen den Völkern gestärkt. In Deutschland ist es für Türken nur unter bestimmten Bedingungen möglich, zugleich einen deutschen und einen türkischen Pass zu haben.
Erdogan forderte zudem, dass kein Unterschied zwischen Terrororganisationen gemacht werde. So sollte Deutschland neben der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat auch die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen als Terrororganisation einstufen. Bereits bei den politischen Gesprächen in Berlin am Freitag hatte er wiederholt von Deutschland gefordert, die Gülen-Bewegung zu verbieten, die laut Ankara hinter dem Putschversuch von Juli 2016 steckt.
Unter den Teilnehmern der Demos in Köln waren viele Deutsche, aber auch Kurden und Türken. Einige Demonstranten skandierten „Erdogan, Terrorist!“. Der Polizei zufolge blieb die Lage in Köln friedlich, es sei nichts über größere Zwischenfälle bekannt, sagte ein Sprecher.
Demonstranten dürfen nicht durch die Stadt ziehen
Eine eigens für die Anti-Erdogan-Veranstaltung errichtete Bühne konnten die Demonstranten nicht nutzen: Sie sei falsch aufgebaut worden, die Nutzung sei deshalb untersagt, sagte ein Polizeisprecher. Das Verwaltungsgericht Köln hatte am Freitag zudem die Vorgabe der Polizei bestätigt, die Teilnehmer nicht wie von den Organisatoren gewünscht durch die Stadt ziehen zu lassen.
Sie durfen die Kundgebung auf der Deutzer Werft abhalten - weit weg von der Moschee-Eröffnung mit Erdogan. Vor dem Hintergrund des Trubels in der Stadt sei eine Sicherung der Demo ansonsten nicht möglich, hatte es im Vorfeld geheißen.
Nutzung von Schloss Wahn zur Begrüßung untersagt
Erdogan hatte sich in der Früh im Rahmen seines Staatsbesuchs in Deutschland ein zweites Mal mit Bundeskanzlerin Angela Merkel getroffen. Im Empfangsgebäude der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung wurde er am Nachmittag vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet empfangen.
Das Treffen war ursprünglich im Schloss Wahn nahe dem Flughafen geplant - der Eigentümer der Immobilie hatte jedoch die Nutzung untersagt.
In Köln empfangen wurde Erdogan von der Türkisch-Islamischen Union (DITIB). Eine Kundgebung vor der Moschee hatte die Stadt aus Sicherheitsgründen untersagt: DITIB habe kein ausreichendes Sicherheitskonzept vorgelegt. Zu der Veranstaltung rund um die Moschee waren DITIB zufolge rund 25.000 Menschen erwartet worden.
Oberbürgermeisterin lehnt kurzfristige Einladung ab
Die Stadt Köln war bei der Eröffnung der Zentralmoschee nicht vertreten. Zwar erhielt Oberbürgermeiterin Henriette Reker kurzfristig eine inoffizielle Einladung, sie lehnte aber ab und begründete ihre Entscheidung so: „Hätten die DITIB und die türkische Seite ein ernsthaftes Interesse an einer Teilnahme und einer Grußbotschaft der Stadt gehabt, wäre in den vergangenen Wochen ausreichend Zeit gewesen, angemessen dazu einzuladen.“
Der neue christdemokratische Fraktionsvorsitzende im deutschen Bundestag, Ralph Brinkhaus, kritisierte DITIB ebenfalls für den Ablauf der Moschee-Eröffnung. „Es ist kein gutes Signal, wenn DITIB offenbar wenig Anstrengungen unternommen oder gar Bereitschaft gezeigt hat, die nordrhein-westfälische Landesregierung, die Oberbürgermeisterin von Köln oder selbst den Bezirksbürgermeister einzubeziehen“, sagte Brinkhaus der „Passauer Neuen Presse“. „Das wäre eine Chance gewesen, Deutsche und Türken wieder mehr zusammenzubringen. Diese wird leider vertan.“
DITIB untersteht der türkischen Religionsbehörde in Ankara und gilt weithin als verlängerter Arm Erdogans in Deutschland.
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