Die türkis-blaue Bundesregierung wird die Öffnung der Busspuren für E-Fahrzeuge erzwingen, falls die Städte dazu nicht freiwillig bereit sind. Das hat Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) am Mittwoch vor dem Ministerrat erklärt. Sollten die Gespräche dafür scheitern, „machen wir das über die StVO“, sagte er in Richtung Wien und Graz.
Ins gleiche Horn stieß Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der auf „gesetzliche Möglichkeiten“ bezüglich der verpflichtenden Busspur-Öffnung verwies. Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stellte immerhin eine zeitliche Begrenzung als Möglichkeit in den Raum. Sollte sich beispielsweise in fünf Jahren zeigen, dass durch die Zunahme der Zahl von E-Autos der öffentliche Verkehr behindert werde, „kann man diese Maßnahme wieder zurückziehen“, erläuterte die Ministerin.
Anreize für den Umstieg auf die E-Mobilität
Das Maßnahmenpaket sei als Anreiz für den Umstieg auf die E-Mobilität gedacht, um Emissionen im Straßenverkehr zu reduzieren. Erreichen will man das auch durch Parkgebührenbefreiungen und die Aufhebung des „Luft-Hunderters“ auf Autobahnen für E-Mobile, die in den entsprechenden Bereichen dann wieder 130 km/h fahren dürfen.
Dass letztgenannte Maßnahme die Unfallgefahr wegen der Geschwindigkeitsunterschiede zu Autos mit Verbrennungsmotor erhöhen könnte, wies Hofer zurück. Er erinnerte daran, dass dort schon jetzt ein 60er-Limit für Lkw in der Nacht gelte, was ja eine noch höhere Geschwindigkeitsdifferenz bedinge.
Klare Absage für 100-km/h-Limit auf Autobahnen
Einem generellen 100-km/h-Limit auf Autobahnen, wie es Experten aus Umweltschutzgründen zuletzt vorgeschlagen haben, erteilte Hofer eine Absage. Das Ziel sei ein dekarbonisierter Verkehr, und ob dieser mit 110, 120 oder 130 km/h unterwegs sei, sei - wie bei der Bahn - unerheblich. Man habe Milliarden in ein leistungsfähiges Autobahnnetz investiert, da wäre es „schade“, wenn man nicht schneller als auf Bundesstraßen fahren dürfte.
Kurz hofft auf Unterstützung der Grünen
Kurz hofft bei der Förderung der E-Mobilität auf Unterstützung durch die Grünen in den Stadtregierungen. Außerdem könnten all die genannten Argumente die Menschen bei der Autokaufentscheidung vielleicht „in die richtige Richtung“ überzeugen, so der Kanzler nach dem Ministerrat.
Autoklubs reagieren durchwegs positiv auf Maßnahmenpaket
Der Plan, Busspuren für Elektroautos zu öffnen, sei positiv, hieß es von Bernhard Wiesinger, dem Chef der ÖAMTC-Interessenvertretung. „Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass diese Maßnahme für Autofahrer in Städten ein besonders großer Anreiz ist, sich ein E-Auto zu kaufen. Klar ist aber auch, dass es sich dabei nur um eine temporäre Aktion handeln kann“, betonte Wiesinger. In der norwegischen Hauptstadt Oslo wurde etwa 2017 die uneingeschränkte Benützung von Busspuren für E-Autos wieder aufgehoben, weil diese durch die vielen Fahrzeuge verstopft wurden - jetzt müssen dafür mindestens zwei Personen im Fahrzeug sitzen.
Der ARBÖ lobte insbesondere die geplante Regelung, Elektroautos von der Temporeduktion nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) auszunehmen. „Nachdem ein Elektroauto keine Emissionen erzeugt, ist die Temporeduktion auch nicht nachvollziehbar“, teilte ARBÖ-Generalsekretär Gerald Kumnig mit. Auch E-Autos von den Parkregelungen auszunehmen sei nicht nur kostengünstig, sondern auch ein echter Anreiz für den Umstieg.
„Vollkommen unzureichend“, urteilt Greenpeace
Greenpeace sieht die Maßnahmen dagegen als „vollkommen unzureichend und in manchen Punkten sogar kontraproduktiv“, um die Mobilitätswende zu realisieren, an. „Diese kleinen Anreize für E-Mobilität sind der Größe der Herausforderung nicht ansatzweise gewachsen. Um die Klimakatastrophe abzuwenden, müsste binnen zehn Jahren ein Verkaufsstopp für neue Diesel und Benziner kommen“, kritisierte Klimaexperte Adam Pawloff. „Das E-Mobilitätspaket bedeutet, dass in Zukunft E-Autos mit Bussen um begrenzten Straßenraum konkurrieren. In Wahrheit müssten wir aber den öffentlichen Verkehr stärken - hier setzt die Regierung auf das falsche Pferd.“
Auch Markus Gansterer vom Verkehrsclub Österreich sieht das ähnlich: „Für das Ziel, die Energiewende im Verkehr zu beschleunigen, sind die präsentierten Maßnahmen eine Enttäuschung. Sie bringen wenig für die E-Mobilität, haben aber zahlreiche negative Seiteneffekte.“ Durch die Öffnung von Busspuren für E-Autos würden den Fahrgästen mehr Verspätungen drohen. Die Erlaubnis für E-Pkw, in IG-L-Abschnitten 130 statt 100 km/h fahren zu dürfen, kann den Verkehrsfluss verschlechtern, das Unfallrisiko erhöhen, die Tempokontrollen erschweren und zu einem höheren Verwaltungsaufwand führen, warnte der Experte.
Autos müssen billiger werden
Der Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ) forderte unterdessen, dass E-Autos im Verhältnis zu Benzin- oder Dieselautos billiger werden. Eine Befreiung von der Umsatzsteuer wäre wünschenswert. Der Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen (FGW) forderte dagegen eine Gleichstellung von Gas- mit E-Mobilität. Erdgasfahrzeuge seien „sauber, sicher und günstig“ und hätten über den gesamten Lebenszyklus sogar eine bessere CO2-Bilanz als E-Autos.
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