Sie galt als die letzte große Diva der Opernwelt: Montserrat Caballé. Die Sopranistin war eine imposante Erscheinung und hatte viel Charisma. Heute, Samstag, ist sie 85-jährig in einem Krankenhaus ihrer Geburtsstadt Barcelona gestorben. Die Opernwelt trauert. „Eine große Botschafterin unseres Landes ist gestorben“, so Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sánchez.
„Ich habe vor, auf der Bühne zu sterben“, sagte sie vor wenigen Jahren in einem ihrer seltenen Interviews der Zeitung „El Pais“. Nach einem Sturz vor einigen Jahren konnte die zweifache Mutter und Großmutter kaum noch gehen und war meistens auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie trat nur noch sitzend auf, auch ihre Stimme war nicht mehr die alte.
Caballé wurde international bewundert für ihre Vokaltechnik und ihre Interpretationen des Belcanto-Repertoires (Opern von Bellini, Donizetti und Rossini), auf das sie sich schon Anfang der 1960er Jahre spezialisierte. Zur Kritik, in der Oper herrsche immer mehr ein Schlankheitswahn, und dem Aussehen der Darsteller werde viel mehr Bedeutung beigemessen als der Stimme, sagte Caballé: „Ich hatte das Glück, in einer Zeit zu singen, als man nicht zur Oper ging, um sich deine Figur anzuschauen.“
Gesundheitliche Probleme seit Oktober 2012
Caballé bekannte sich in ihrer humorvollen Art stets stolz zu ihrer Leibesfülle. Mit gesundheitlichen Problemen kämpfte „La Montse“, wie sie von Fans und Medien genannt wurde, vor allem seit Oktober 2012, als sie während einer Konzertreise in Russland einen Schlaganfall erlitt, ohnmächtig wurde und sich einen Oberarmknochen brach. Schon davor hatte sie große Opernauftritte weitgehend eingeschränkt und sich auf Konzertabende konzentriert.
Im Laufe ihrer jahrzehntelangen Karriere kam sie auf mehr als 4.000 Auftritte und etwa 90 verschiedene Rollen - sie dürfte damit eine der aktivsten Sängerin der Operngeschichte gewesen sein. Ihre Auftritte führten sie auch immer wieder nach Österreich, 2007 war ihr der Titel der „Österreichischen Kammersängerin“ verliehen worden. An der Wiener Staatsoper hatte Caballé ihren ersten Auftritt am 28. Februar 1959 als Donna Elvira in Mozarts „Don Giovanni“. Es folgten zahlreiche Partien, darunter die der Salome, Elisabeth („Don Carlo“), Tosca oder Leonora („La Forza del Destino“).
Die Entwicklung der Opernwelt hatte die für ihr lautes Lachen bekannte Künstlerin zuletzt auch ein bisschen wehmütig kommentiert: „Die Magie der Oper geht immer mehr verloren.“ Inzwischen werde fast alles „dem schnellen Erfolg und dem Applaus“ geopfert, sagte sie 2017 in einem Interview.
„Wir haben Hunger gelitten“
Caballés Leben hatte fast einem Märchen geglichen: Die Eltern des 1933 in Barcelona geborenen Mädchens verloren im spanischen Bürgerkrieg ihr Hab und Gut. „Wir haben Hunger gelitten“, erzählte Caballé. Irgendwann musste sie die Schule verlassen, um als Näherin zum Familienunterhalt beizutragen. Da ihr Talent schon damals zu erkennen war, fand sie Zeit, mit Hilfe von Mäzenen das Konservatorium zu besuchen und erste Auftritte zu absolvieren.
Mitte der 1950er Jahre zog die Familie wegen der Geldprobleme als Gastarbeiter in die Schweiz. In Basel feierte die Sängerin 1956 ihr offizielles Debüt. Von 1959 bis 1962 war sie in Bremen engagiert. Nach Aufnahme mehrerer Platten wuchs ihre Fangemeinde rapide. Den internationalen Durchbruch schaffte Caballé 1965 in der Titelrolle von Donizettis „Lucrezia Borgia“ in der Carnegie Hall in New York - als Ersatzbesetzung. Sie wurde so begeistert gefeiert, dass die Metropolitan Opera sie verpflichtete.
Unvergessenes Duett mit Freddie Mercury
Einen weiteren Meilenstein setzte sie 1992: Mit dem für die Olympischen Spiele geschriebenen Song „Barcelona“ wurde sie einem breiten Publikum bekannt. Sie hatte das Stück mit Rockstar Freddie Mercury aufgenommen. Caballé erinnerte sich: „Da standen an der Wiener Staatsoper ganz junge Menschen am Bühneneingang. Die wollten ein Autogramm, Sie haben nur gesagt: Sie sind doch die Frau, die mit Freddie Mercury aufgetreten ist.“
Caballé scheute nie den Kontakt zu anderen Genres der Musik und des Entertainments, sie trat schon als junge Frau an der Seite von Frank Sinatra auf. Sie saß auch bei „Wetten, dass ..?“ auf dem Sofa. Neben der Karriere unterstützte sie soziale Vorhaben, förderte den Nachwuchs - sie gilt als Entdeckerin ihres katalanischen Landsmannes José Carreras. Im Leben der Caballé gab es aber auch negative Schlagzeilen: Im Dezember 2015 wurde sie wegen Steuerhinterziehung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und zu einer Geldstrafe von gut 250.000 Euro verurteilt.
Bei allen Triumphen und Schwierigkeiten war „La Caballé“, die mehr als 50 Jahren mit dem Tenor im Ruhestand Bernabé Martí verheiratet war, stets bodenständig, herzlich und bescheiden geblieben. Nach dem Tod ihrer engen Freundin Maria Callas im Jahr 1977 hatten viele in ihr die Nachfolgerin von „La Divina“ gesehen. Erst vor wenigen Jahren widersprach sie erneut trotzig: „Ich bin keine Diva. Mich als eine Diva zu betrachten, ist absurd!“
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