Journalistin ermordet

Fall Marinowa: Verdächtiger in Deutschland gefasst

Ausland
10.10.2018 14:24

Im Fall der ermordeten bulgarischen Journalistin Viktoria Marinowa ist ein Verdächtiger in Deutschland festgenommen worden. Der 1997 geborene Bulgare Sewerin K. sei am späten Dienstagabend gefasst worden, sagte Bulgariens Innenminister Mladen Marinow am Mittwoch. Der Zugriff erfolgte laut deutschen Behörden in Stade bei Hamburg. Bulgarische Ermittler gehen nicht von einem politischen Mord aus.

„Wir verfügen über genug Beweise, die diese Person mit dem Ort des Verbrechens und dem Opfer in Verbindung bringen“, sagte Marinow. So hätten die Ermittler DNA-Spuren von Sewerin K. am Tatort gesichert. Marinowas Leiche war am Samstag in der nordbulgarischen Stadt Russe gefunden worden. Die 30-Jährige wurde vergewaltigt, sie starb durch Schläge auf den Kopf und Ersticken.

Hier wurde die junge Journalistin ermordet. (Bild: AFP)
Hier wurde die junge Journalistin ermordet.

Nach Angaben des bulgarischen Generalstaatsanwalts Sotir Zazarow lebte der Verdächtige in Marinowas Nachbarschaft. Sewerin K., der bereits wegen Mordes und Vergewaltigung in einem weiteren Fall gesucht wurde, habe sich am Sonntag über Rumänien nach Deutschland abgesetzt.

Von Spezialkräften festgenommen
 Am Dienstagabend sei der Verdächtige dann nach Hinweisen bulgarischer Behörden in Stade aufgespürt und von Spezialkräften festgenommen worden, teilten die Generalstaatsanwaltschaft in Celle und das Landeskriminalamt (LKA) in Hannover mit. Bulgarien hatte mit einem europäischen Haftbefehl um den Zugriff in Deutschland ersucht. „Von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Festnahme sind nur wenige Stunden vergangen“, erklärte Niedersachsens LKA-Präsident Friedo de Vries.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Celle prüft nun die Voraussetzungen für die Auslieferung und betreibt das weitere Verfahren. Dazu gehört auch, dass sie beim zuständigen Oberlandesgericht einen Haftbefehl für den Verdächtigen beantragt.

Wohl kein Zusammenhang mit dem Beruf
 Die bulgarischen Behörden traten Spekulationen entgegen, die Ermordung Marinowas stehe in einem Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Journalistin. „Zum derzeitigen Stand gehen wir nicht davon aus, dass der Mord in Verbindung mit der beruflichen Tätigkeit des Opfers steht“, sagte Generalstaatsanwalt Zazarow.

In der letzten Ausgabe von Marinowas Sendung „Detektor“ ging es um Betrug mit EU-Fördergeldern. (Bild: AFP)
In der letzten Ausgabe von Marinowas Sendung „Detektor“ ging es um Betrug mit EU-Fördergeldern.

„Die Beweise, die wir derzeit haben, lassen auf einen spontanen Angriff schließen, um das Opfer sexuell zu missbrauchen“, sagte Zazarow. „Aber wir untersuchen weiterhin alle Hypothesen.“

(Bild: AFP)

Regierungschef empört über schlechte Presse 
 Bulgariens Regierungschef Boiko Borissow prangerte vor diesem Hintergrund erste Reaktionen ausländischer Medien und Politiker nach dem Mord an. „Innerhalb von knapp drei Tagen habe ich abscheuliche Dinge über Bulgarien gelesen“, sagte er. „Wir als Land haben es nicht verdient, derart durch den Schmutz gezogen zu werden, während alle nicht nur mit 100 Prozent, sondern mit 1000 Prozent an der Aufklärung arbeiteten.“

Bulgariens Regierungschef Boiko Borissow (Bild: AP)
Bulgariens Regierungschef Boiko Borissow

Bulgarien steht im weltweiten RSF-Ranking zur Pressefreiheit derzeit auf Platz 111 und hat damit die schlechteste Bewertung aller EU-Staaten. In dem südosteuropäischen Land ist auch Gewalt gegen Frauen weit verbreitet.

Die EU hatte zuvor eine rasche Aufklärung des Falls urgiert und die Bedeutung der Pressefreiheit betont. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker äußerte sich am Mittwoch erleichtert über die Festnahme. Diese demonstriere die „Entschlossenheit“ der bulgarischen und europäischen Ermittler.

(Bild: Associated Press)

Über Veruntreuung von EU-Geldern berichtet
 Marinowa arbeitete für den privaten Lokalsender TVN, der am 30. September ihre Interviews mit zwei investigativen Journalisten ausstrahlte. Diese berichteten über ihre Recherchen zur mutmaßlichen Veruntreuung von EU-Geldern in Bulgarien durch Geschäftsleute und Politiker. Am Montag kündigte die Kommission in Brüssel Ermittlungen der EU-Behörde zur Betrugsbekämpfung (OLAF) wegen der Vorwürfe an.

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