„Wo ist Khashoggi?“
Briten, Türken und USA erhöhen Druck auf Saudis
In der Causa des verschwundenen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi hat der britische Außenminister Jeremy Hunt am Donnerstag den Saudis mit „gravierenden Konsequenzen“ gedroht. Gleichzeitig erhöhten auch die USA und die Türkei den Druck auf die Regierung in Riad. Präsident Recep Tayyip Erdogan warnte, dass die Türkei nicht länger schweigen könne, und forderte die Herausgabe von Videoaufnahmen aus dem Istanbuler Konsulat, in dem Khashoggi verschwunden war. Zuvor hatte bereits US-Präsident Donald Trump Auskunft zum Schicksal des Regierungskritikers verlangt.
Trump sagte, er habe „auf höchster Ebene“ mit Vertretern Saudi-Arabiens gesprochen, denn seine Regierung sei „sehr enttäuscht“ und werde der Sache „auf den Grund gehen“. Angaben aus dem Weißen Haus zufolge sprachen Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und sein Sicherheitsberater John Bolton mit dem saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Khashoggis türkische Verlobte Hatice Cengiz hatte zuvor Trump um Hilfe gebeten.
Saudi-Arabien weist alle Vorwürfe zurück
Türkische Ermittler haben den Verdacht geäußert, dass Khashoggi, der seit September 2017 in den USA im Exil lebt, am 2. Oktober bei einem Besuch im Konsulat seines Heimatlandes in Istanbul vergangene Woche von Saudi-Agenten ermordet wurde. Saudi-Arabien weist die Vorwürfe zurück, ist aber den Beweis schuldig geblieben, dass der Regierungskritiker das Konsulat wieder lebend verließ. Laut dem Konsulat waren die Überwachungskameras im Gebäude am Tag von Khashoggis Besuch ausgefallen.
Erdogan: „Es ist uns unmöglich, bei einem solchen Vorfall still zu bleiben“
„Ist es möglich, dass es in einem Konsulat, in einer Botschaft kein Kamerasystem gibt?“, fragte Erdogan laut der Zeitung „Hürriyet“. „Dieser Vorfall ist in unserem Land passiert. Es ist uns unmöglich, bei einem solchen Vorfall still zu bleiben“, warnte er. Die türkische Regierung hat bisher direkte Vorwürfe an Saudi-Arabien vermieden, doch veröffentlichten die türkischen Medien zahlreiche Details aus den Polizeiermittlungen zu dem Fall.
Die „Washington Post“, für die Khashoggi zuletzt als Kolumnist tätig war, berichtete, dass die US-Geheimdienste Kenntnis von Plänen zur Festnahme des Journalisten gehabt hätten. Demnach ordnete der mächtige Saudi-Kronprinz Mohammed bin Salman an, den 59-jährigen Regierungskritiker durch ein Jobangebot nach Saudi-Arabien zu locken, um ihn dort festzunehmen. Das US-Außenministerium bestritt allerdings, im Voraus über derartige Pläne informiert gewesen seien.
Briten drohen mit „gravierenden Konsequenzen“
„Sollten die Anschuldigungen zutreffen, wird dies gravierende Konsequenzen haben, da unsere Freundschaft und Partnerschaft auf gemeinsamen Werten basiert“, erklärte der britische Außenminister Hunt am Donnerstag. Sollten die Saudis zu einer zufriedenstellenden Schlussfolgerung kommen, müsse Khashoggis Verbleib geklärt werden. „Sie sagen, dass die Anschuldigungen falsch sind. Wo also ist Herr Khashoggi?“, so der „tief besorgte“ Außenminister.
„Anschlagsteam“ soll Khashoggi verschleppt haben
In der Türkei konzentrierten sich die Ermittlungen unterdessen auf ein mutmaßliches „Anschlagsteam“ aus 15 Saudi-Arabern, die am Tag von Khashoggis Besuch nach Istanbul gereist waren. Türkische Medien veröffentlichten am Mittwoch Fotos und Namen von 15 Männern, die in zwei privaten Flugzeugen am Dienstag vergangener Woche in Istanbul eintrafen, bevor sie am Abend über Dubai und Kairo nach Saudi-Arabien zurückkehrten. In Medien wurden die 15 Männer als Mitarbeiter der saudi-arabischen Sicherheitsdienste oder Vertraute von bin Salman identifiziert. Die Türkei hat von Saudi-Arabien die Zustimmung erhalten, das Istanbuler Konsulat zu durchsuchen, doch fand die Durchsuchung bisher nicht statt.
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