„Sparpolitik zu Ende“
Italien mit Budget auf Konfrontationskurs zur EU
Italien sitzt derzeit auf einem Schuldenberg von rund 131 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und geht es nach den Plänen der Regierung aus der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega, dann wird der Staatshaushalt durch das am Donnerstag vorgelegte Budget noch weiter belastet. Das Parlament in Rom hat trotz Warnungen der EU und des Internationalen Währungsfonds dem vorgelegten Budget zugestimmt. Die Regierung sprach von einem „Grundstein für einen Kurswechsel in der italienischen Politik“. Die Sparpolitik der vergangenen Jahre sei zu Ende, die Wahlversprechen sollen umgesetzt werden.
Das Gesetz sieht für 2019 ein Haushaltsdefizit von 2,4 Prozent vor, das 2020 auf 2,1 Prozent und 2021 auf 1,8 Prozent sinken soll. Ein ausgeglichener Haushalt wird erst nach 2021 angestrebt. Von der Vorgängerregierung wurde 2020 als Ziel dafür festgelegt. Vize-Ministerpräsident Luigi Di Maio (Fünf-Sterne-Bewegung) gab zudem die Kürzung der Verteidigungsausgaben um eine halbe Milliarde Euro bekannt. Die Maßnahme betreffe „nutzlose Waffen, die nicht zur Verteidigung des Landes benutzt werden, sondern nur ein Weg sind, um Geld auszugeben“, sagte er der Online-Zeitung Tiscali News. Details nannte er nicht. Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta hat erklärt, Italien bekenne sich zu dem NATO-Ziel von Wehrausgaben in Höhe von zwei Prozent des BIP.
Deutscher Finanzminister warnt vor zu laxer Haushaltspolitik
Vor der Abstimmung hatte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) die italienische Regierung vor einer zu laxen Haushaltspolitik gewarnt. „Die italienische Regierung muss mit der hohen Staatsverschuldung umgehen, diese Verantwortung kann ihr niemand abnehmen“, sagte Scholz dem „Handelsblatt“.
IWF: „Rom muss Regeln des Clubs respektieren“
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, rief Italien ebenfalls zur Haushaltsdisziplin auf. Rom müsse die „Regeln des Clubs“ - der Europäischen Union - respektieren, sagte sie bei der IWF-Jahrestagung auf der indonesischen Insel Bali. EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici sagte, der Plan werde Italiens Verschuldung verschlimmern.
EZB schließt Hilfe ohne Sparpolitik aus
Die Europäische Zentralbank wird Insidern zufolge Italien ohne Rettungsprogramm der EU - was mit den eben abgesagten Sparmaßnahmen einhergehen würde - nicht helfen, sollten das Land oder seine Banken in finanzielle Turbulenzen geraten. „Das ist ein Testfall, um zu zeigen, dass Europa und seine Mechanismen funktionieren“, sagte ein EZB-Vertreter am Rande der IWF-Jahrestagung am Donnerstag. Ansonsten würde die Glaubwürdigkeit der EZB irreparabel beschädigt und der Rückhalt für die Währungsunion in Ländern wie Deutschland schwinden. Ein Sprecher der vom Italiener Mario Draghi geführten europäischen Notenbank lehnte eine Stellungnahme ab.
Nervöse Finanzmärkte und höhere Zinsen
Die Finanzmärkte reagierten nervös auf den italienischen Haushaltsplan. Das Land muss Anlegern bei der Platzierung seiner Staatsanleihen inzwischen deutlich höhere Zinsen bieten, um an Geld zu kommen. Zudem weitete sich der Abstand zur Rendite deutscher Staatstitel aus. Bei allen vier der von der EZB anerkannten Ratingagenturen werden derzeit italienische Staatsanleihen noch oberhalb des Ramschstatus eingestuft, der stark ausfallgefährdete Titel kennzeichnet.
Italiens Wirtschaftsminister Giovanni Tria versicherte am Freitag, dass sein Land fest entschlossen sei, seine Staatsschuld abzubauen. Tria bekräftigte auch die Absicht seiner Regierung, mit der EU-Kommission und den Ländern der Eurozone „einen konstruktiven Dialog“ zu führen. Premier Giuseppe Conte schloss aus, dass die „gut durchdachten“ Plänen geändert werden.
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