Die Zimmer sind fertig, das Personal in den Startlöchern - eine schriftliche Stellungnahme der Feuerwehr sind die Telfer Lebensebenen noch von der Eröffnung entfernt. Dann ziehen die ersten acht Menschen in den ehemaligen Tirolerhof, den drei Frauen in eine einzigartigen Alternative zum Altersheim verwandelt haben.
„Der erste Mensch, der zu uns kam, sagte, er habe Alzheimer und wolle sich die Lebensebenen anschauen - das ist genau was ich mir wünsche“, sagt Dorothee Wagner mit Funkeln in den Augen. „Denn jeder Mensch hat das Recht sich selbst auszusuchen, wo er lebt.“ Selbstbestimmung - das ist der oberste Grundsatz in Wagners Pflegemodell, das in Tirol einzigartig ist.
Sozialgenossenschaft
Denn die künftigen Bewohner des ehemaligen Tirolerhofs in Telfs - „die sind meine Chefs“, sagt Wagner. Das heißt: Hinter den Lebensebenen steckt die Sozialgenossenschaft „Aktion Mondschein“, ein Zusammenschluss von Personen, die sich selbst organisieren, Stimmrecht bei allen Belangen haben und so als Non-Profit-Unternehmen fungieren.
Selbstbestimmung
In der Praxis bedeutet das, die dementen Menschen bestimmen selbst, wann sie schlafen oder essen wollen. Wie sie ihren Tagesablauf organisieren oder wann sie besucht werden wollen. „Jemanden der sein ganzes Leben lang nie früh zu Bett ging, plötzlich um 18 Uhr hinlegen zu wollen - das ist doch absurd“, erklärt Wagner an einem Beispiel die Philosophie dahinter.
Vom Urlaub bis Zuhause
20 Jahre führten Dorothee Wagner und ihre beiden Partnerinnen Hilde Matscher und Petra Perkmann in Südtirol zeitweise drei Häuser mit diesem Konzept. Doch als Wagners Mann starb, war es Zeit für einen Tapetenwechsel. Die drei Frauen kauften in Telfs das ehemalige Hotel und renovierten es liebevoll. „Der Großteil des Hauses ist für Menschen mit Demenz, aller Pflegestufen reserviert“, erklärt sie. „Sie können lang- oder kurzfristig bleiben. Ein neues Zuhause finden, oder Urlaub machen.“
Generationen verbinden
Ein Teil des Hauses soll an Studenten vermietet werden: „Die Mietpreise liegen unter den Marktpreisen, dafür sollen die Studierenden sich zehn Stunden pro Woche aktiv einbringen, etwa in der Begleitung der Senioren oder im Café“, erklärt Wagner. Denn auch ein solches fand in den Lebensebenen Platz - zugänglich für die Öffentlichkeit. „Ich wünsche mir, dass die Leute es als feine Kneipe annehmen, sich hier treffen, unterhalten - Generationen sich verbinden und die Demenz ihren Schrecken verliert“, schildert Wagner. „Dann ist es im Haus fast schöner, als draußen. Denn Menschen mit Demenz sind ehrlich und nicht nachtragend.“
Aktiv einbringen
Die Lebensebenen bieten Platz für 35 Personen, die Zimmer sind teils mit Pflegebetten ausgestattet, auch für die medizinische Versorgung sind Geräte und Personal startbereit - „aber wir stellen hier niemanden mit Beruhigungsmittel ruhig“, betont die Alterswissenschaftlerin. Im Gegenteil: Alle sollen sich so aktiv wie möglich einbringen.
Warten auf den Start
Anfang Oktober wollten die Lebensebenen eigentlich starten, aber es fehlt eine schriftliche Stellungnahme der Feuerwehr zum Evakuierungsplan. „Geprüft wurde schon vor Wochen, auch mündlich bestätigt, dass es passt - seither warten wir“, sagt Wagner frustriert. Nun bleibt nur zu hoffen, dass es jetzt schnell geht - denn die Zeit für neue Ansätze in der Altenpflege ist längst reif.
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