„Im Streit erwürgt“
Fall Khashoggi: Saudis tischen nächste Version auf
Das Verwirrspiel der Saudis im Mordfall Jamal Khashoggi geht offenbar weiter. Nach der offiziellen Bestätigung durch das Königshaus am Samstag, dass der regierungskritische Journalist im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet wurde, sind am Sonntag weitere Details präsentiert worden. Gleichzeitig hat ein hochrangiger Regierungsvertreter eine neue Version zum „tödlichen Streit“ im Konsulat unterbreitet. Khashoggi sei - entgegen früherer Informationen - nicht durch Faustschläge, sondern durch einen Würgegriff gestorben.
Zu den widersprüchlichen Angaben meinte der Regierungsvertreter, es seien intern zunächst falsche Informationen verbreitet worden. Als dies klargeworden sei, habe es sofort eine interne Untersuchung gegeben. Der neuen Version zufolge wollte die saudische Regierung Khashoggi überzeugen, in das Königreich zurückzukehren.
Der „Washington Post“-Kolumnist war vor einem Jahr aus Sorge vor Vergeltungsmaßnahmen in die USA gezogen. Er wollte am 2. Oktober in dem Konsulat Dokumente für seine bevorstehende Hochzeit abholen. Seither galt er als vermisst. Der Plan sei gewesen, Khashoggi notfalls in einem Versteck außerhalb Istanbuls festzuhalten, so der saudische Regierungsvertreter. Er sollte aber „nach einer gewissen Zeit“ wieder freigelassen werden, sollte er nicht nach Saudi-Arabien zurückkehren wollen.
„Sie haben versucht zu verhindern, dass er schreit“
Das nach Istanbul gesendete Team habe die Anweisungen überschritten und schnell Gewalt angewendet. Khashoggi habe sich widersetzt, er sei deswegen in einen Würgegriff genommen worden. „Sie haben versucht zu verhindern, dass er schreit.“ Dabei sei der Journalist gestorben. „Es war nicht die Absicht, ihn zu töten.“ Die Leiche sei in einen Teppich eingewickelt und in einem Auto des Konsulats weggeschafft worden. Sie sei an einen lokalen Helfer übergeben worden. Es werde versucht, herauszufinden, wo sie entsorgt worden sei. Die türkischen Behörden suchen unter anderem in einem Waldstück bei Istanbul nach den sterblichen Überresten.
„Washington Post“ glaubt Darstellungen nicht, fordert Beweise
Die „Washington Post“ hat den bisherigen saudischen Darstellungen keinen Glauben geschenkt. „Die Regierung von Saudi-Arabien hat in den fast drei Wochen, seit Jamal Khashoggi in ihrem Istanbuler Konsulat verschwunden ist, wiederholt und beschämend eine Lüge nach der anderen angeboten. Sie legen keine Beweise vor und erwarten jetzt, dass die Welt entgegen aller Erkenntnisse glaubt, dass Jamal in einem Kampf gestorben sei, der auf eine Diskussion folgte. Das ist keine Erklärung, das ist Vertuschung“, so der Herausgeber der Zeitung, Fred Ryan, am Samstag in einer Mitteilung.
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