Noch läuft er frei herum, der Mörder von Irene P. Dreimal drückte er den Abzug seiner Pistole und löschte das Leben der 20 Jahre jungen Pinzgauerin aus. Sportlich und adrett war sie, aus gut behütetem Familienhaus. Doch sie dealte auch mit Cannabis und hatte die „falschen“ Freunde. Musste sie deswegen sterben?
„Verblutung durch abgegebene Schüsse“, so lautet das Ergebnis der Obduktion, wie Verena Rainer von der Polizei auf „Krone“-Nachfrage bestätigt. Andere Verletzungen gab es nicht. Von der Waffe fehlt wie auch vom Mörder jede Spur: Ein Tauchkommando der Polizei suchte den Zeller See ab. „Es wurde nichts gefunden“, so Rainer.
Mittlerweile gibt es auch eine Täterbeschreibung: Der Gesuchte ist jung, schlank, zirka 1,70 Meter groß und war bei der Tat dunkel bekleidet mit einem Kapuzenpullover über dem Kopf. Weitere Informationen wollte die Exekutive nicht preisgeben, nur: Es werde „in alle Richtungen“ ermittelt. Im engeren Freundes- und Bekanntenkreis, in sozialen Netzwerken und im Suchtgiftmilieu. Denn: Irene P. hatte mit Cannabis gedealt. Und nach ihrer Festnahme kooperiert. Sie wollte mit ihrem alten Leben abschließen. Wurde ihr genau dies letztlich zum Verhängnis?
Drei Schüsse aus Pistole
Wie berichtet, drangen drei Projektile in den zierlichen Körper. Im Stiegenhaus, wenige Meter vor ihrer Wohnung in der Einödsiedlung, Hausnummer 1, in Zell am See verlor sie das Bewusstsein und starb. Das passierte am Samstagabend gegen 21.30 Uhr. Ausgerechnet im beschaulichen Zell am See.
„Krone“-Lokalaugenschein in Zell am See
„Es ist entsetzlich, schrecklich“, findet eine Nachbarin schwer Worte. Eine Träne fließt über ihre Wange: „Sie war doch so ein junges Mädchen und hatte ihr ganzes Leben noch vor sich“, erzählt die Dame der „Krone“ beim Gassi Gehen mit ihrem Mops. Die Frau wohnte nur einen Steinwurf vom Tatort entfernt, gesehen hat sie aber nur den Einsatz: Blaulicht, Cobra-Beamte, Sanitäter. Und: „Wie sie das Mädchen rausgetragen haben.“ In einer grauen Bahre, gegen 1 Uhr nachts.
Auch eine andere Dame, die seit 26 Jahren im Zeller Ortsteil Einöd lebt, ist erschüttert: „Sie war so ein liebes, braves und gut behütetes Mädchen.“ Ein Einzelkind, das an derselben Stelle - aber in einem anderen Haus - aufwuchs. „Dass so etwas hier passiert, das hätte ich mir nie gedacht“, wundert sich die Nachbarin im Gespräch mit der „Krone“. Daneben spaziert eine Kindergartengruppe vorbei, nur vereinzelt sieht man Autos. Keine 100 Meter entfernt strahlt die Sonne auf den taufrischen Zeller See, ein Kriminalbeamter zieht seine Runden, zückt immer wieder die Kamera. Ein brutaler Mord, ausgerechnet hier? Für die Anrainer ein Ding der Unmöglichkeit - zumindest bis zu den Abendstunden des Samstags.
Opfer war Cannabis-Dealerin
Aber die Wahrheit: Irene P. wurde hier ermordet. Warum? Darüber kann derzeit nur spekuliert werden. Fakt ist: Im Mai wurde P. festgenommen. Vorwurf: Cannabis-Handel. Die Rede ist von sechs Kilogramm - ein halbes Kilo beschlagnahmten Ermittler damals in ihrer Wohnung, eben in der Einödsiedlung. Das Mädchen saß rund zwei Wochen in U-Haft und wurde aufgrund gelinderer Mittel entlassen. Die Haft empfand sie als „Watsch‘n“, die sie verdient habe.
„Kluges Mädchen“ auf der schiefen Bahn
Ihre Wohnung war offenbar ein Cannabis-Umschlagplatz. Hier holten junge Einheimische - sogar eine 14-Jährige - ihr Gras, sie verdiente dazu. Doch wie war sie auf die schiefe Bahn geraten? Es dürfte im Frühjahr des Vorjahres passiert sein, nach dem Abschluss ihrer Lehre als Textilfachverkäuferin bei H&M. Sie wollte sich beruflich verändern, suchte neue Kontakte und geriet in ein Drogen-Netzwerk. Das Suchtmittel bekam sie offenbar von Afghanen, Türken, aber auch Österreichern - auch ihr „Ex“ und langjähriger Freund, ein Türke, war darin involviert. Sie war laut den der „Krone“ vorliegenden Infos vielmehr die „Dealerin aus der Nachbarschaft“, keine Großhändlerin oder Lieferantin. Wusste sie aber zu viel über mögliche Hintermänner? Kamen noch weitere Faktoren wie Eifersucht dazu? Einer, der Irene kannte, bevor sie auf die falsche Bahn geriet, beschreibt sie als „unscheinbar, freundlich, ein kluges Mädchen“.
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