Erdogan wettert:

„Mord an Khashoggi war bis ins Detail geplant“

Ausland
23.10.2018 12:02

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Dienstagmittag eine mit Spannung erwartete Erklärung zum Mord an dem saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi abgegeben. „Dieses grausame Verbrechen wurde Tage im Voraus geplant“, sagte er bei einem Auftritt in Ankara. „Alle Hintergründe der Tat müssen gründlich aufgeklärt werden - von türkischen Ermittlern oder von einer internationalen Kommission. Der Mord ist in der Türkei passiert, deshalb soll den Tätern auch hier der Prozess gemacht werden.“ Auch Saudi-Arabien hat am Dienstag unmittelbar vor Erdogans Auftritt kleinlaut angekündigt, „umfassend zu ermitteln“.

Erdogan wurde im türkischen Parlament mit Applaus herzlich begrüßt und äußerte sich zunächst zu Wirtschafts- und innenpolitischen Themen, ehe er zum eigentlichen Thema kam. Er sprach Khashoggis Familie und seiner Braut sein Beileid aus, nannte nochmals minutiös die bereits bekannten Fakten zu dem Verbrechen im Saudi-Konsulat in Istanbul und informierte danach über den aktuellen Stand der Ermittlungen. Bahnbrechend neue Einzelheiten und Informationen nannte der türkische Staatschef jedoch nicht.

Recep Tayyip Erdogan im türkischen Parlament (Bild: AP)
Recep Tayyip Erdogan im türkischen Parlament

Mord „Tage im Voraus genau geplant“
Der Mord sei Tage im Voraus im Detail geplant gewesen, dafür gebe es „starke Beweise“, sagte Erdogan. Die Erklärung Saudi-Arabiens, einige Mitglieder des Geheimdienstes seien für die Tat verantwortlich, reiche nicht aus. Erdogan forderte von Saudi-Arabien Aufklärung darüber, wer „den Befehl für das Verbrechen“ gegeben habe und wo sich die Leiche Khashoggis befinde.

Internationale Kommission soll ermitteln
Er betonte, niemand dürfe davon ausgehen, dass die Ermittlungen in dem Fall abgeschlossen werden könnten, ohne dass alle Fragen beantwortet worden seien. Die Verdächtigen müssten an die Türkei ausgeliefert werden, wo ihnen auch der Prozess gemacht werden soll. Ermittelt solle idealerweise von einer neutralen, internationalen Kommission werden. Erdogan: „So einen Fall einigen Sicherheits- und Geheimdienstmitgliedern anzulasten, würde weder uns noch die internationale Gemeinschaft zufriedenstellen.“

Jamal Khashoggi (Bild: AFP/Mohammed Al-Shaikh)
Jamal Khashoggi

Causa Khashoggi auch ein Fall fürs EU-Parlament
Bisher hatten die türkischen Behörden noch keine Stellungnahme zum offiziellen Stand der Ermittlungen abgegeben. Informationen zum Tod Khashoggis stammten lediglich aus türkischen und US-Medien, die sich auf Tonaufnahmen und Regierungs- und Sicherheitskreise berufen. Auch das Europaparlament befasste sich am Dienstag mit der Tötung von Khashoggi.

(Bild: AP)
Proteste nach dem Mord an Jamal Khashoggi vor dem saudischen Konsulat in Istanbul (Bild: APA/AFP/OZAN KOSE)
Proteste nach dem Mord an Jamal Khashoggi vor dem saudischen Konsulat in Istanbul
Das Konsulat wird durchsucht. (Bild: AP)
Das Konsulat wird durchsucht.

Journalist von Spezialkommando ermordet
Der regimekritische Journalist Khashoggi hatte das saudische Konsulat in Istanbul am 2. Oktober betreten, um Papiere abzuholen, und war nicht mehr herausgekommen. Türkische Ermittler gehen laut türkischen Medien davon aus, dass der Journalist von einem 15-köpfigen Spezialkommando, das in drei Teams angereist sei, gefoltert und getötet wurde. Die saudische Führung hatte den Tod Khashoggis erst am Wochenende eingeräumt, dies aber als spontane Tat im Zuge einer Schlägerei dargestellt. 18 saudische Staatsangehörige - jene 15 Personen des Killerkommandos sowie drei Mitarbeiter im Konsulat - wurden bisher festgenommen.

Vertrauter des Kronprinzen soll Mordbefehl erteilt haben
Die Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichte am Dienstagvormittag einen Bericht, demzufolge auch Saudi-Kronprinz Mohammed bin Salman über den Mord informiert war. Ein enger Vertrauter des Scheichs soll per Skype den Mordbefehl erteilt und Khashoggis Kopf gefordert haben. Erdogan äußerte sich dazu nicht und erwähnte in seinen Ausführungen nicht einmal den Namen des Kronprinzen.

Kronprinz Mohammed bin Salman (Bild: Associated Press)
Kronprinz Mohammed bin Salman

Saudi-Arabien verspricht „umfassende Ermittlungen“
Kurz vor Erdogans Auftritt im Parlament versprach am Dienstag auch der saudische Außenminister Abdel al-Jubeir „umfassende Ermittlungen“ zu Khashoggis Tod und kündigte an, „dass so etwas nie wieder passieren wird“. Die Regierung in Riad habe ein Team in die Türkei entsandt. Alle, die für den Tod des Journalisten verantwortlich seien, würden verhaftet werden. Am Dienstagnachmittag wurde bekannt, dass König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman Khashoggis Bruder und Sohn Salah bei einem Treffen kondoliert haben. Die Angehörigen hätten sich ihrerseits für die Beileidsbekundung bedankt.

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