Der Brexit-Notfallplan
Bei „No Deal“: Schiffe sollen Versorgung sichern
Aufgrund der schleppenden Austrittsverhandlungen Großbritanniens mit der EU und des wachsenden Drucks auf die britische Premierministerin Theresa May geistern seit Monaten Horrorszenarien und Warnungen vor Lebensmittel- und Medikamentenknappheit auf der Insel herum. Der neue Notfallplan der britischen Regierung im Fall eines ungeregelten Brexit: Schiffe sollen gechartert werden. Damit soll die Versorgung Großbritanniens gesichert werden. Auf diese Weise wolle man auch ein mögliches Handelschaos durch neue Zollkontrollen im Ärmelkanal verhindern.
Bei einem „No Deal“-Szenario könnte sich die Route zwischen dem britischen Dover und Calais in Frankreich schnell zum Nadelöhr entwickeln, sagte der britische Kabinettschef David Lidington am Mittwoch gegenüber der „Financial Times“. Es seien durch Kontrollen auf französischer Seite dann für ein halbes Jahr wohl nur noch zwölf bis 25 Prozent der normalen Kapazität verfügbar, habe Lidington dem Kabinett berichtet. Der britische Handel mit Europa läuft derzeit zum größten Teil über die Kanalverbindung zwischen Dover und Calais, per Fähre und auf Zügen durch den Eurotunnel. Rund 2,6 Millionen Lastwagen pro Jahr nutzen diese Strecke.
„Bleiben zuversichtlich, mit EU ein Abkommen zu erreichen“
Als Alternative sollen gecharterte Schiffe auf weniger frequentierten Routen verkehren und andere britische Häfen anlaufen. Neben Lebensmitteln und Medikamenten könnten auch Pkw-Teile an Bord sein. Die Autohersteller in Großbritannien fürchten Lieferengpässe. „Wir bleiben aber zuversichtlich, dass wir noch ein Abkommen mit der EU erreichen“, teilte das Verkehrsministerium in London am Mittwoch mit. „Aber es ist nur vernünftig, wenn sich Regierung und Industrie auf eine Reihe von Szenarien vorbereiten.“
May auch innerparteilich unter Druck
Premierministerim May steht von mehreren Seiten unter Druck, auch in der eigenen Partei. Brexit-Hardliner hatten ihr in den vergangenen Tagen erneut mit einer Revolte gedroht. Mays Widersacher waren bereits öffentlich wegen ihrer Wortwahl scharf kritisiert worden. So hatten sie die Regierungschefin unter anderem vor dem Betreten einer „Todeszone“ gewarnt. Großbritannien will sich Ende März 2019 von der Europäischen Union trennen. Wann die Brexit-Verhandlungen fortgesetzt werden, ist noch immer unklar.
Neue Umfragen: Mehrheit der Briten gegen Brexit
Am vergangenen Wochenende haben in London Hunderttausende Befürworter der Europäischen Union bei einer Demonstration eine zweite Volksabstimmung über den Austritt Großbritanniens gefordert. Die Briten sollten die Möglichkeit bekommen, ihre Meinung zu ändern, sagte James McGrory, einer der Organisatoren der Demonstration. Die Briten würden Umfragen zufolge in einem neuen Referendum nicht mehr für den Brexit stimmen. Eine Auswertung von sechs seit dem 21. August gemachten Erhebungen ergab eine knappe Mehrheit von 52 zu 48 Prozent für einen Verbleib des Landes in der Europäischen Union.
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