Neuer Präsident
Demokratie nach Wahl in Brasilien in Gefahr
Die Brasilianer haben der traditionellen Politikerkaste des Landes eine schallende Ohrfeige verpasst und den Rechtspopulisten Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten gewählt. Der Ex-Militär konnte am Sonntag nach Auszählung von knapp 95 Prozent der Stimmen rund 55,5 Prozent der Wähler für sich gewinnen. „Ich werde das Schicksal des Landes verändern“, ließ er nach seinem Sieg wissen. Das Wahlergebis könnte die Demokratie im fünftgrößten Land der Welt infrage stellen - das lassen umstrittene Aussagen des Ultrarechten vermuten.
„Jetzt wird nicht weiter mit dem Sozialismus, dem Kommunismus, dem Populismus und dem Linksextremismus geflirtet“, kündigte der neue Präsident an. Allerdings zeigte sich der ultrarechte Ex-Militär auch versöhnlich. Er sprach von einem „Brasilien der unterschiedlichen Meinungen, Farben und Orientierungen“. In dem mit harten Bandagen geführten Wahlkampf hatte Bolsonaro noch Minderheiten und Linke verunglimpft und von „Säuberungen“ schwadroniert. Bolsonaros Gegner Fernando Haddad von der linken Arbeiterpartei erhielt 44,5 Prozent.
Die Wahl des ultrarechten Bolsonaro könnte einen radikalen Politikwechsel in Brasilien nach sich ziehen. Der frühere Fallschirmjäger will den Zugang zu Waffen erleichtern, wichtige Ministerien mit Militärs besetzen und möglicherweise aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen.
„Tropen-Trump“ verstörte mit sexistischen Sagern
Noch bis vor Kurzem galt der in Anlehnung an US-Präsident Donald Trump auch „Tropen-Trump“ genannte Politiker als skurriler Hinterbänkler im Parlament. Er provozierte immer wieder mit Ausfällen gegen Frauen, Schwarze und Homosexuelle sowie mit seiner Sympathie für die brasilianische Militärdiktatur (1964-1985). Einer Abgeordneten bescheinigte er einmal, sie sei es nicht wert, vergewaltigt zu werden, weil sie „sehr hässlich“ sei.
Doch das war für die meisten Brasilianer offenbar nachrangig, zu groß war der Wunsch nach einem echten Politikwechsel. Über alle Parteigrenzen hinweg sind die meisten Politiker in Schmiergeldaffären verwickelt. „Lava Jato“ (Autowäsche) gilt als der größte Korruptionsskandal Lateinamerikas und hat auch Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hinter Gitter gebracht, den politischen Ziehvater Haddads. Bolsonaro hingegen gilt als einigermaßen sauber.
„Bolsonaro ist der einzige Politiker in diesem Land, der nicht in Korruption verwickelt ist“, sagte seine Anhängerin Kelly Barreto vor dem Haus des Politikers in Rio de Janeiro. „Mit Bolsonaro wird sich das Bildungswesen, die Gesundheitsversorgung und die Sicherheitslage verbessern. Nur mit ihm wird sich Brasilien verändern.“
Auch die grassierende Gewalt wollen die meisten Brasilianer nicht länger hinnehmen. Bolsonaro verspricht einfache Lösungen. Er will das Waffenrecht legalisieren, das Strafmündigkeitsalter herabsetzen und die Polizei zu einem härteren Vorgehen gegen Kriminelle ermutigen.
Angesichts von mehr als 63.000 Tötungsdelikten im vergangenen Jahr verfangen seine Rufe nach einer Politik der harten Hand. „Was mir am besten gefällt an Bolsonaro, sind seine Vorschläge zur öffentlichen Sicherheit. In Rio de Janeiro kann man heutzutage nicht mehr vor die Tür gehen, ohne Angst zu haben, überfallen zu werden“, sagte die Wählerin Leandra Nascimento.
Unter Linken, Menschenrechtlern und Minderheiten geht jetzt die Angst um, Bolsonaros Hasstiraden könnten zu Gewalt gegen Homosexuelle, Schwarze und Indigene führen. Kurz vor der Wahl hatte der schneidige Ex-Militär angekündigt: „Es wird eine in Brasilien niemals gesehene Säuberung geben.“
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