Ihr Abgang auf Raten
Merkel: „Ich wurde nicht als Kanzlerin geboren“
Seit 13 Jahren ist Angela Merkel deutsche Kanzlerin, seit mehr als 18 Jahren CDU-Vorsitzende, nun will sie nicht mehr: Nach den jüngsten Wahldebakeln ihrer Partei setzt Merkel einen Schlussstrich unter ihre politische Spitzenkarriere. Es wird ein Abgang auf Raten, wie sie bei einer Pressekonferenz Montagmittag bestätigte: Zunächst wird sie nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren, nach Ende der Legislaturperiode auch nicht mehr als Kanzlerin zur Verfügung stehen: „Die vierte Amtszeit ist meine letzte. Ich wurde nicht als Kanzlerin geboren“, so die 64-Jährige.
„Bundespolitisch können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, so Merkel in Anbetracht der jüngsten Wahldebakel sowie der Querelen innerhalb der großen Koalition. „Wir müssen innehalten - ich jedenfalls tue das - und ich wünsche mir, dass wir den Wahltag als Zäsur nehmen und alles auf den Prüfstand stellen. Dann könnte darin auch eine Chance liegen.“ Das Bild, das die Regierung abgibt, sei jedenfalls „inakzeptabel“.
Das Ergebnis ihres „ganz persönlichen Innehaltens, meines Nachdenkens“, sei, dass sie sich auf Raten „unter der Wahrung der staatspolitischen Verantwortung“ aus der Bundespolitik zurückziehe - zunächst vom CDU-Parteivorsitz, nach Ende der Legislaturperiode auch vom Kanzlerthron. Danach wolle Merkel auch keinen Posten in Brüssel übernehmen und auch nicht Bundestagsabgeordnete werden.
Entscheidung bereits vor der Sommerpause gefallen
Die Entscheidung für den schrittweisen Rückzug sei bereits in der Sommerpause gefallen. Seitdem habe sie sich Gedanken darüber gemacht, wie er umzusetzen sei - „natürlich hätte ich das gerne gemacht, ohne dass ständig gestritten wird“, so Merkel. Über ihre Entscheidung, die weder mit der Bayern- noch mit der Wahl in Hessen zu tun habe, habe sie bis Montagvormittag niemanden in Kenntnis gesetzt.
„Endlich auf gutes Regieren konzentrieren“
Dass Parteivorsitz und Kanzlerschaft bald nicht mehr in einer Hand sein werden, sei ein „Wagnis“, sie sei aber unter Abwägung aller Vor- und Nachteile zu dem Ergebnis gekommen, dass sie dies eingehen wolle. Sie wolle einen Beitrag dazu leisten, dass die Regierung ihre Kräfte „auf endlich gutes Regieren“ konzentrieren könne. Merkel sagte, es wäre ein „Treppenwitz der Geschichte“, wenn man schon nach gut sechs Monaten den Stab über die Regierung brechen müsste.
Mehrere Namen für Kandidatur um CDU-Vorsitz
Eine Empfehlung für ihre Nachfolge wollte Merkel nicht abgeben, um die Diskussion nicht zu beeinflussen, so die Kanzlerin. Mehrere potenzielle Kandidaten haben sich bereits in Stellung gebracht - wie Gesundheitsminister Jens Spahn, CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer oder laut „Bild“ auch der frühere Unionsfraktionschef und Merkel-Rivale Friedrich Merz.
„Bewegende Worte“ und stehender Applaus im Bundesvorstand
Merkel hatte bereits am Montagvormittag in einer Sitzung des Parteipräsidiums deutlich gemacht, dass sie beim Parteitag Anfang Dezember in Hamburg nicht mehr als Vorsitzende kandidieren wolle. Wenig später wurde bekannt, dass auch ihre Kanzlerschaft ein Ablaufdatum hat: Im Bundesvorstand habe sie gesagt, dies sei ihre letzte Amtszeit, wie deutsche Nachrichtenagenturen erfuhren. Merkel habe vor dem Parteivorstand „bewegende Worte“ gesprochen, berichteten Teilnehmer. Die Runde habe sie danach mit stehendem Applaus bedacht.
Nach Bayern-Wahl kam am Sonntag die nächste Ohrfeige
Die Landtagswahl in Hessen am Sonntag hatte die nächste Ohrfeige für die Bundeskanzlerin gebracht: Ihre CDU verlor 11,3 Prozentpunkte und kommt auf nur noch 27,0 Prozent. Die SPD, Koalitionspartner im Bund, rutschte um 10,9 Prozentpunkte ab und erreicht nur noch 19,8 Prozent. Erst vor zwei Wochen hatte es bei der Landtagswahl in Bayern eine schmerzhafte Niederlage für die CSU, die Schwesterpartei von Merkels CDU, gesetzt.
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