Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag die ablehnende Haltung der Regierung zum UNO-Migrationspakt in einem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen bekräftigt. Man bekenne sich klar zum Multilateralismus, „aber der Inhalt muss stimmen“, sagte Kurz in einer Stellungnahme. Er wiederholte Bedenken, die Souveränität Österreichs könnte beschränkt werden. Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, hatte sich in der Debatte zuvor hingegen klar hinter Van der Bellen gestellt. Unterdessen hat auch Polen bekannt gegeben, sich mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem UNO-Abkommen zurückzuziehen.
„Ich habe ein Gespräch mit dem Bundespräsidenten zum Migrationspakt geführt. Dabei habe ich betont, dass wir uns klar zum Multilateralismus bekennen, aber der Inhalt stimmen muss. Die Bundesregierung lehnt daher den Migrationspakt nach eingehender Prüfung ab“, hielt Kurz fest. Multilateralismus sei wichtig und auch im Regierungsabkommen als Ziel festgeschrieben. „Österreich ist Vorreiter beim internationalen Atomwaffenverbotsvertrag, zu dem sich bereits über 100 Staaten bekennen, und ist beim Kampf gegen den Klimawandel an vorderster Front engagiert.“
Inhaltliche Bedenken haben überwogen
In Fall des UNO-Pakts hätten jedoch die inhaltlichen Bedenken überwogen. „Ich kann nicht sieben Jahre lang die Trennung zwischen der Suche nach Schutz und der Suche nach einem besseren Leben fordern und dann einem Pakt zustimmen, wo es genau diese Trennung nicht gibt“, betonte der Kanzler. Zudem gebe es „die Gefahr, dass die Ziele des Paktes in künftige Gerichtsurteile einfließen und somit unsere souveräne Migrationspolitik eingeschränkt wird“.
Van der Bellen: „Österreichs droht Ansehensverlust“
Bundespräsident Van der Bellen hatte am Freitag in einem Beitrag auf Facebook vor einem möglichen Verlust von Österreichs Ansehen in der Staatengemeinschaft gewarnt. Um die großen Gegenwartsprobleme anzugehen, von denen die Migration nur eines sei, brauche es „die multilaterale Zusammenarbeit“. Der österreichische Weg sei es außerdem, immer „den konstruktiven Dialog zu suchen“ - diesen Ruf drohe die Bundesregierung nun aufs Spiel zu setzen.
Gleichzeitig betonte der Bundespräsident, dass der Pakt völkerrechtlich nicht bindend sei. Er enthalte aber zahlreiche vernünftige Vorschläge, “wie den Herausforderungen der weltweiten Migration mit Augenmaß, Menschlichkeit und Kontrolle begegnet werden kann".
Karas unterstützt Van der Bellen
Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, stellte sich in der Debatte klar hinter Van der Bellen gestellt. „Danke Herr Bundespräsident. Das Bemühen um Zusammenarbeit ist der richtige Weg! UNO & Europäische Union sind unsere Antwort auf Nationalismus & Protektionismus“, schrieb Karas auf Twitter.
Karas teilte die Aussage von Van der Bellen, wonach sich Österreich als UNO-Amtssitz bei Themen wie Menschenrechten oder Abrüstung den Ruf eines verlässlichen internationalen Partners erworben habe. „Diesen Ruf sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen“, hatte der Bundespräsident nach dem Rückzug Österreichs aus dem UNO-Migrationspakt erklärt. Karas dazu: „Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, nicht nur wegen der gemeinsamen globalen Herausforderungen.“
Nehammer: „Pakt ist nachteilig für Österreich“
ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer betonte am Samstag, der UNO-Migrationspakt sei „nachteilig für Österreich“: „Unsere Souveränität darf nicht eingeschränkt werden und jede Gefahr dafür ist früh genug abzuwenden. Einer Verwässerung von legaler und illegaler Migration können wir sowieso nicht zustimmen. Gerade Österreich, das in den vergangenen Jahren überproportional von illegaler Migration betroffen war, kann nichts akzeptieren, dass das Sozialsystem weiter belastet", so Nehammer
Auch Polen wird sich wahrscheinlich ausklinken
Auch Polen wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem geplanten Migrationspakt der Vereinten Nationen zurückziehen. „Wir sind der Ansicht, dass unsere souveränen Prinzipien absolute Priorität haben“, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Freitag nach deutsch-polnischen Regierungsberatungen mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Kabinett in Warschau. Damit würde sich Polen der ablehnenden Haltung der USA, Ungarns und Österreichs anschließen.
Schweiz könnte erst später unterzeichnen
Der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis betonte in einem am Samstag publizierten Interview von „Tamedia“, dass es „keine Katastrophe“ wäre, wenn die Schweiz den UNO-Migrationspakt nicht im Dezember sondern später unterzeichnen würde. Ihm sei es wichtig, dass die Diskussion zuerst innenpolitisch breit geführt werde. Sonst kämen nach der Unterzeichnung Dutzende von Vorstößen aus dem Parlament mit der Forderung nach einem neuen Amt, zehn zusätzlichen Stellen und einem Gesetz - obwohl man am Anfang gesagt habe, es gebe keinen Handlungsbedarf.
Cassis reagierte damit auf eine Empfehlung der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom Freitag. Diese will, dass der Bundesrat, also die Schweizer Regierung, dem Migrationspakt im Dezember nicht zustimmt.
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