Im BVT-Untersuchungsausschuss haben am Dienstag die bisher wohl brisantesten Befragungen stattgefunden. Als Auskunftspersonen geladen waren die beiden Innenministeriums-Mitarbeiter Peter Goldgruber und Udo Lett, die Schlüsselfiguren in der Affäre sind. Goldgruber gilt als Initiator der Hausdurchsuchungen im Bundesamt für Verfassungsschutz und Korruptionsbekämpfung. Der Generalsekretär hat auch gemeinsam mit Kabinettsmitarbeiter Lett Zeugen angehört und der Staatsanwaltschaft zugeführt. Goldgruber wies die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. Gleichzeitig nahm er Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in Schutz: „Ich habe vom Minister nie den Auftrag erhalten, irgendwo aufzuräumen.“ Die Vorgänge rund um das Bundesamt haben dieses laut Ansicht Goldgrubers nicht beschädigt.
Gleich in seinem Eingangsstatement drückte der betont freundlich auftretende Spitzenbeamte seine Hoffnung aus, die Abgeordneten überzeugen zu können, dass seine Vorgangsweise in der Angelegenheit der Rechtslage entsprochen habe. Anfang des Jahres sei er mit jenem ominösen Konvolut voller Vorwürfe gegen BVT-Beamte konfrontiert worden und habe von seiner Führungsverantwortung her weitere Schritte setzen müssen, da das Papier Verdachtsfälle von Straftaten und Pflichtverletzungen enthalte.
„Keinen Druck auf Staatsanwaltschaft ausgeübt“
Erhalten hat Goldgruber das Konvolut vom Anwalt Gabriel Lansky, der ja im Ausschuss die Aussage fast zu 100 Prozent verweigert hatte. Vorher habe er diesen nicht gekannt, den Kontakt habe der SLeiter des Polizeikommissariats des ersten Wiener Gemeindebezirks hergestellt. Bestritten wurde von Goldgruber, Druck auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgeübt zu haben. Das wäre schon daher nicht möglich gewesen, da er über den Ermittlungsstand nicht informiert gewesen sei. Dass man möglichst geheim und ohne elektronischen Verkehr kommuniziert habe, sei Wunsch der Staatsanwaltschaft gewesen.
Dass für die Razzia in den BVT-Räumlichkeiten die Wahl auf die Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) gefallen war, begründete der Generalsekretär einerseits mit deren Professionalität, andererseits damit, dass diese im Gegensatz zu anderen Einheiten im Vorwurfskonvolut nicht vorgekommen sei. Dass er die EGS angewiesen habe, Notizen im Zusammenhang mit der Razzia zu vernichten, bestritt Goldgruber.
Chaotische Zustände im Extremismus-Referat
Indirekte Vorwürfe, dass durch die Versetzung der Leiterin das Extremismus-Referat quasi lahmgelegt werden sollte, wies Goldgruber scharf zurück: „Das Wissen ist nicht exklusiv bei der Frau G. geparkt“, verwies er auf die Fachkompetenz der anderen Beamten ihrer Abteilung. Als mögliche dienstrechtliche Verfehlungen G.s zur Sprache kamen, blieb Goldgruber eher vage. Verwiesen wurden beispielsweise auf die chaotischen Zustände, die in ihrem Büro geherrscht haben sollen. Entsprechende Eindrücke waren im Ausschuss bereits mehrfach behandelt worden.
Über die Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, die durch ihre antisemitischen Liederbücher und das vorübergehende Polit-Aus von FPÖ-Politiker Udo Landbauer bekannt geworden war, hat Goldgruber mit G. eigenen Angaben zufolge nicht gesprochen. Sehr wohl haber er aber mit ihr über Vorwürfe geredet, wonach sie Informationen an Medien weitergebe. In freiheitlichen Kreisen soll es ja die Vermutung geben, G. habe die Liederbücher den Medien „gesteckt“.
Pilz und NEOS wollen Goldgruber anzeigen
Die Opposition überzeugten Goldgrubers Aussagen genauso wenig wie die ÖVP. Deren Fraktionschef Werner Amon sah eine „ganze Legion von Widersprüchlichkeiten“ zwischen den Aussagen Goldgrubers und jenen anderer Auskunftspersonen. NEOS und Liste Pilz kündigten diesbezüglich bereits Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft an.
Lett, der sich mit allen vier Belastungszeugen getroffen hatte, bevor diese bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt hatten, stritt während seiner Befragung ab, diese Personen zur Aussage gezwungen zu haben. Auch sei von ihm kein Druck auf die ermittelnde Behörde ausgeübt worden. Kolportiert wurde ja, dass Lett Druck gemacht habe, Hausdurchsuchungen, Festnahmen und ähnliches einzuleiten. Ein Drängen auf Versetzung oder Pensionierung der Extremismus-Chefermittlerin im Verfassungsschutz stellte Lett ebenso in Abrede. Vielmehr gab er zu Protokoll, dass er erstaunt gewesen sei, dass sich die Referetsleiterin nach der Hausdurchsuchung beruflich verändern wollte.
Lett: „Goldgruber wollte keine Informationen über Ermittlungen“
Bestätigt hat Lett aber die Angaben Goldgrubers, wonach der Generalsekretär keine Informationen über Ermittlungen gegen Freiheitliche erhalten wollte. Demnach hat der interimistische BVT-Chef Wolfgang Fasching Goldgruber über eine bevorstehende Aktion gegen Identitäre und Freiheitliche informiert. Goldgruber habe daraufhin mitgeteilt, dass er davon nichts wissen möchte und dass die Aktion an einen anderen Tag verschoben werden solle, „ohne dass wir davon wissen“.
Vor Beginn der Befragung am Dienstagvormittag war bekannt geworden, dass das BVT aus der wichtigen „Berner Gruppe“ internationaler Geheim- und Nachrichtendienste vorübergehend „freiwillig“ ausgetreten war. Das Innenministerium bestätigte einen Bericht der Stadtzeitung „Falter“. Jedoch sei Österreich „zu keinem Zeitpunkt vom Informationsfluss und -austausch mit den Partnerdiensten und innerhalb des ,Berner Clubs‘ abgeschnitten“, sagte die Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis.
Ausschluss aus Geheimdienstverband „stand nicht zur Debatte“
Ebenso wenig sei ein Ausschluss aus dem „Berner Club“ zur Debatte gestanden. Jedoch habe sich das BVT aus freien Stücken vorübergehend aus den Arbeitsgruppen des „Berner Clubs“ zurückgenommen. „Dadurch wurde Vertrauensvorbehalten bewusst entgegengewirkt“, die allerdings nicht aus der medial breit berichteten „BVT-Affäre“ herrührten, sondern im Zusammenhang mit einem Spionage-Verdachtsfall aus dem Jahr 2017 gegen einen ehemaligen BVT-Mitarbeiter gestanden seien. In diesem Fall sei das Innenministerium selbst mit Anzeigen aktiv geworden, die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft seien noch anhängig.
„Nach der Präsentation von Reformvorhaben und der Implementierung besserer Kontrollmechanismen zum Schutz sensibler Informationen nimmt das BVT seit Herbst dieses Jahres - im besten Einvernehmen mit den Partnerdiensten - wieder am Clubgeschehen teil“, so Kardeis.
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