Geheimdienstchef Peter Gridling meinte als Zeuge im U-Ausschuss: „Es gibt keinen BVT-Skandal.“ Ein E-Mail aus seinem Nachrichtendienst lässt an dieser Aussage aber Zweifel aufkommen - so schreibt Gridlings Stellvertreter wörtlich ins Innenminister-Büro, dass schon „immer“ alle Politiker an der Ressortspitze zu Beginn (!) brisanter Handlungen des Nachrichtendienstes informiert worden sind ...
Die beiden Mails, die nun der „Krone“ vorliegen, lassen wenig Interpretationsspielraum offen: Am 15. März dieses Jahres erklärte Dominik Fasching, der stellvertretende Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), dass „die Ressortleitung (Anm.: der Innenminister und sein Kabinett) immer über Amtshandlungen des BVT informiert worden ist, zu denen eine große mediale Resonanz zu erwarten sei“. Und zwar schon „unmittelbar zu Beginn“ der Aktionen.
Diese 007-Serviceleistung für den jeweiligen Innenminister enthielt auch Vorab-Infos über Beteiligte, die einer „politischen Partei“ nahestanden. Zitat aus dem Mail (siehe Faksimile): „Dies war sowohl bei Naheverhältnissen zur Muslimbruderschaft oder bei Demonstrationen der Fall.“
„Amtshandlungen nicht bloß Reporten überlassen“
Im Mail formuliert der Vize-BVT-Direktor auch deutlich, was er von Österreichs Medien hält: „Gerade in politisch sensiblen Bereichen des BVT sollte die mediale Kommunikation von Amtshandlungen nicht bloß Reportern (und somit aus meiner Sicht dem Zufall) überlassen werden.“
Dieses Mail wurde im BVT übrigens als Reaktion auf ein Schreiben von Udo Lett, einem Kabinettsmitarbeiter von Innenminister Herbert Kickl, verfasst: Der hatte (mit cc an die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit) eine klare Anordnung verschickt, dass der FPÖ-Innenminister „keine Vorabinformationen“ zu Amtshandlungen des BVT wünsche und eine Verständigung erst nach Geheimdienst-Aktionen stattfinden dürfe (siehe Faksimile).
Hat die Republik „ein Geheimdienstproblem“?
„Falls diese Aussagen im Mail des BVT-Vizes der Wahrheit entsprechen, hat die Republik tatsächlich schon seit Jahren ein Geheimdienstproblem“, analysiert der Nationalratsabgeordnete Peter Pilz. Er will dieses Kapitel nun ebenfalls im U-Aussschuss thematisieren.
Denn aufgrund dieser neuen Fakten ist die Annahme nicht absurd, dass die BVT-Spitze schon seit 2002 sieben ÖVP-Innenminister stets vorab mit Informationen zu politisch brisanten Zugriffen oder Observationen versorgt haben könnte. Geheimdienstchef Peter Gridling sollte seine Feststellung überdenken.
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