Die Zukunft?

Supermarkt ohne Kassa: Amazon Go im Selbstversuch

Elektronik
11.11.2018 09:00

In einen Supermarkt gehen, etwas aus dem Regal nehmen und das Geschäft einfach wieder verlassen: Das klingt nach Ladendiebstahl, ist es aber nicht. Zumindest in den USA, wo der E-Commerce-Titan Amazon mit seinen „Go“-Supermärkten diese Vorgehensweise als Konzept für ein Filialnetz erprobt. Wir haben in San Francisco den Selbstversuch gewagt.

Es ist dunkel im kassenlosen Supermarkt - zumindest das Interieur. Grau- und Schwarztöne dominieren Regale, Wände und Boden im Amazon-Go-Shop in San Francisco. Umso bunter lacht die feilgebotene Ware aus den Regalen. Getränke, Süßigkeiten, Lebensmittel - Güter des täglichen Bedarfs hat der Online-Händler in seinem Offline-Shop im Sortiment. Das Preisniveau: normal, am Niveau regulärer Supermärkte.

Dass es sich hier eben nicht um einen normalen Supermarkt handelt, wird dennoch schon beim Betreten bewusst. Wer die Amazon-Go-App nicht auf seinem Handy installiert hat und sich nicht per QR-Code als Amazon-Kunde ausweist, hat keinen Zutritt. Das menschliche Personal beschränkt sich auf Regalnachfüller und eine hilfsbereite Dame am Eingang, die den Kunden - viele von ihnen neugierige Touristen - erklärt, wie Amazon Go funktioniert.

(Bild: Dominik Erlinger)

Ausgefeilte Überwachungstechnologie
Im Shopping-Trubel leicht zu übersehen: Der Kunde wird hier auf Schritt und Tritt beobachtet. An der Decke hängen Kameras und Sensoren, die genau überwachen, wer zu welchem Regal schreitet, welche Produkte er herausnimmt - und ob er sie mitnimmt oder zurücklegt. Möglicherweise der Grund für die dunkle Einrichtung: Menschen und Produkte heben sich gut vom grauen Grund ab.

Bei unserem Probeeinkauf arbeitete Amazons Supermarkt recht zuverlässig. Einige Minuten nach Verlassen des Shops meldete sich die Amazon-Go-App zu Wort, dankte für den Einkauf - und präsentierte vollkommen korrekt, was wir aus dem Regal mitgenommen haben. Bei zwei Testläufen funktionierte Amazons kassenloser Supermarkt genau wie vorgesehen.

Symbolbild (Bild: AP)
Symbolbild

Wer es aus dem Regal nimmt, bezahlt es 
 
Doch der Shop hat noch seine Limitierungen, über die man bei der Erstinstallation der zugehörigen App informiert wird. Etwas für einen anderen Kunden aus dem Regal zu nehmen ist streng verboten, weil die Software sich schwertun würde, das Produkt dann dem richtigen Käufer zuzuordnen. Wer jemanden in Amazons Supermarkt mitbringt, muss diesen mit seinem Nutzerkonto einchecken und letztlich auch für dessen Einkauf haften.

In der Praxis sind das keine echten Einschränkungen, Amazons Konzept funktioniert bereits sehr gut. Schon fast beängstigend gut, könnte manch ein Käufer meinen - immerhin bietet ein total überwachter Supermarkt seinem Betreiber nicht nur die Möglichkeit, die Käufe der Kunden ohne klassischen Bezahlvorgang zu protokollieren, sondern auch, ihnen beim Shoppen zuzusehen und so letztlich herauszufinden, welche Vorlieben sie haben - auch wenn sie ein Produkt nicht kaufen, sondern es sich nur ansehen.

(Bild: Amazon)

Für einen Rundum-Händler wie Amazon, dessen Kunden nicht nur im kassenlosen Supermarkt einkaufen, sind diese Informationen enorm wertvoll. Und lukrativ, wenn der Kunde beim nächsten Besuch auf amazon.com dem maßgeschneiderten Angebot einfach nicht widerstehen kann. Kein Wunder also, dass Amazon in den nächsten Jahren Tausende kassenlose Supermärkte eröffnen will.

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