Fest in der Staatsoper

100 Jahre Republik: „Zeichen stehen auf Sturm“

Österreich
12.11.2018 15:45

Mit einem Staatsakt in der Wiener Staatsoper hat das offizielle Österreich am Montag den 100. Jahrestag der Errichtung der Republik gefeiert. Unter den Ehrengästen waren Holocaust-Überlebende aus Israel und Schüler aus ganz Österreich. Die Festrede hielt Autorin Maja Haderlap. Sie warnte vor einer Ökonomisierung der Gesellschaft.

„Es geht uns gut, aber die Zeichen der Zeit stehen auf Sturm“, so die Schriftstellerin. „Gerade haben wir uns an den Errungenschaften des Wohlfahrtsstaates aufgerichtet, schon wird uns erklärt, dass wir endlich erwachsen werden und für uns selbst sorgen sollen.“ Angelpunkt der Demokratie sei aber nicht der ökonomische Mensch, sondern das ethisch handelnde Individuum.

Schriftstellerin Maja Haderlap (Bild: APA/HANS PUNZ)
Schriftstellerin Maja Haderlap

Die Fragen der Zukunft würden humaner und ökologischer Natur sein, zeigte sich Haderlap überzeugt. Sie zitierte Oskar Kokoschka und wünschte der „immer noch jungen Republik Österreich“ im geeinten Europa einen „Instinkt für Demokratie“.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen spricht während des Staatsaktes. (Bild: APA/HANS PUNZ)
Bundespräsident Alexander Van der Bellen spricht während des Staatsaktes.

Van der Bellen: „Erneuern wir die Gemeinsamkeit“
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erinnerte in seiner Rede an die anfängliche Skepsis und das Scheitern der Republik. Nach der NS-Herrschaft sei dann die Herstellung von Gemeinsamkeit im Mittelpunkt gestanden. „Erneuern wir diese Gemeinsamkeit, erneuern wir dieses spezifisch Österreichische“, so sein Aufruf.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Bild: APA/HANS PUNZ)
Bundespräsident Alexander Van der Bellen
(Bild: APA/HANS PUNZ)

Nur die liberale Demokratie kenne das Ringen um gemeinsame Lösungen zum Wohle aller, meinte er weiter: „Es gibt keine Abkürzungen.“ Der Schaffung von Feindbildern, ob Muslime, Juden, Ausländer oder Sozialhilfeempfänger, erteilte er eine Absage. Die Demokratie müsse „kompromisslos gegenüber den Intoleranten“ sein, so der Bundespräsident.

(Bild: APA/HANS PUNZ)
Innenminister Herbert Kickl (Bild: APA/HANS PUNZ)
Innenminister Herbert Kickl

„Wendepunkt der Geschichte“
Der 12. November 1918 war „einer der größten Wendepunkte der Geschichte“, und die Republik Österreich sei „kein Wunschkind“ gewesen, meinte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Einige Worte richtete er auch an die Holocaust-Überlebenden, die aus Israel auf Wienbesuch sind: „Dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und heute hier sind, damit haben Sie auch uns einen Herzenswunsch erfüllt.“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (Bild: APA/HANS PUNZ)
Bundeskanzler Sebastian Kurz

Strache: „Nazi-Herrschaft dunkelstes Kapitel unserer Geschichte“
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) bezeichnete die Zeit der Nazi-Herrschaft als „dunkelstes Kapitel unserer Geschichte“. Die Verantwortung des „Niemals wieder!“ gelte es zu leben. In der Schwerpunktsetzung seiner Rede wurden aber auch Unterschiede deutlich: So hob er vor allem die bürgerliche Revolution von 1848 als Startpunkt für den Weg zur Republik hervor, ebenso wie das Faktum, dass am 12. November 1918 Kommunisten versucht hätten, diese zu verhindern.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (Bild: APA/HANS PUNZ)
Vizekanzler Heinz-Christian Strache
(Bild: APA/HANS PUNZ)

Junge Bürger und ihre Zukunftsvorstellungen
Neben den Holocaust-Überlebenden nahmen auch Schüler aus ganz Österreich am Staatsakt teil. Die Wiener Philharmoniker und Sänger der Staatsoper sorgten für das musikalische Rahmenprogramm. Gezeigt wurden auch historische Bildaufnahmen von der Gründung der Republik bis in die Gegenwart sowie ein Video, in dem junge Bürger ihre Vorstellungen für die Zukunft Österreichs präsentierten.

Kronen Zeitung, krone.at

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