Deal or no deal?
Theresa May kämpft um ihr politisches Überleben
Die britische Premierministerin Theresa May kämpft nach einer Rücktrittswelle im Kabinett und zunehmendem Widerstand in ihrer Konservativen Partei wegen ihres Brexit-Kurses um ihr politisches Überleben. Sie verteidigte am Freitag ihre Zustimmung zum umstrittenen Entwurf des Vertrags mit der EU, der den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Staatengemeinschaft regeln soll.
Ärger droht May aus der eigenen Partei. Dort bereiten Abgeordnete ein Misstrauensvotum gegen sie vor und dürften Medienberichten zufolge auch schon die dafür notwendigen 48 Stimmen beisammenhaben.
Misstrauensvotum schon am Dienstag?
Am Dienstag könnte dann das Misstrauensvotum stattfinden. Vorangetrieben wird es vor allem vom konservativen Flügel der Tories um Mays Widersacher Jacob Rees-Mogg. Vize-Premierministerin David Lidington sagte indes voraus, May würde eine Misstrauensabstimmung deutlich gewinnen. Während für die Einleitung der Abstimmung 48 Stimmen reichen, bräuchten Mays Gegner 158 um sie auch tatsächlich aus ihrem Amt zu heben.
May verteidigte gegenüber ihren Kritikern das Abkommen. Es bewahre die Integrität des Landes, sagte sie dem Rundfunksender LBC. In den Verhandlungen sei nicht nur ihr Team Kompromisse eingegangen, sondern auch die EU. Sie werde am Brexit-Fahrplan festhalten und das Land Ende März aus der EU führen.
Mehrere Rücktritte aus der Regierung nach Zustimmung
Nach einer stundenlangen Zitterpartie hatte das britische Kabinett am Mittwochabend grünes Licht für den EU-Ausstiegsvertrag gegeben. Aus Protest gegen die Vereinbarung traten am Donnerstag Brexit-Minister Dominic Raab, Arbeitsministerin Esther McVey sowie einige Staatssekretäre zurück.
Mit Raab verlor May bereits den zweiten Brexit-Minister in diesem Jahr. Ein Nachfolger werde noch gesucht, so May. Eine Sprecherin der Premierministerin betonte, dass die Regierung für ihr umstrittenes Brexit-Abkommen viel Zuspruch aus der Wirtschaft erhalten habe.
Zustimmung im britischen Parlament fraglich
Der nächste Stolperstein für Mays Brexit-Plan ist die notwendige Zustimmung im britischen Parlament. Dort haben ihre Konservativen keine eigene Mehrheit. Abgeordnete der nordirischen Partei DUP, die die Tory-Regierung toleriert, kündigten an, gegen den Vertrag zu stimmen. Sie arbeite weiter mit der DUP zusammen, sagte May.
Jeder einzelne Abgeordnete werde entscheiden müssen, wie er abstimme, ob nun von der DUP, den Konservativen oder Labour. Und beim Votum sollte sich jeder Volksvertreter überlegen, wie er das Resultat des Brexit-Referendums von 2016 umsetzen könne. Die Abstimmung über den Ausstiegsvertrag findet im Dezember statt, ist aber noch nicht genau terminiert. Danach muss auch das EU-Parlament grünes Licht geben.
Kurz: „Völlig offen, ob es Zustimmung in Großbritannien geben wird“
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hofft dennoch auf Unterstützung des Brexit-Vertrags in Großbritannien. „Es ist ein guter Deal für beide Seiten. Niemand ist über den Tisch gezogen worden, sondern dieser Deal verhindert einen harten Brexit“, sagte Kurz am Freitag in Brüssel, wo er EU-Chefverhandler Michel Barnier und Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu Gesprächen traf.
Man stehe nun an einem „kritischen Punkt“, fügte der Kanzler weiter aus. „Es ist vollkommen offen, ob es eine Zustimmung dafür in Großbritannien geben wird oder nicht.“
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