Der ungarischstämmige US-Milliardär George Soros, der derzeit in Wien weilt, ist am Sonntagabend mit Bundeskanzler Sebastian Kurz zu einem Arbeitsgespräch zusammengetroffen. Laut dem Kanzlerbüro ging es dabei vor allem um die Themen Brexit, Migration und die Ansiedlung der von Soros gegründeten Central European University. Für die rechtskonservative ungarische Regierung ist der 88-jährige Soros eine Hassfigur, dem die Schuld an der Migrationskrise des Jahres 2015 umgehängt wird. Ihm wird vorgeworfen, einen eigenen „Plan“ zur Ansiedlung von Migranten in Europa zu haben. Die österreichische Regierung sieht den Holocaust-Überlebenden weit weniger kritisch. In der Migrationspolitik gebe es aber „durchaus unterschiedliche Auffassungen“, hieß es nach dem Treffen aus dem Kanzlerbüro.
Einig ist man sich hingegen über die Ansiedlung der Soros-Uni, die in Ungarn massiv unter Druck geraten ist und das Land verlassen will. Nach dem Beschluss eines entsprechenden Gesetzes der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban über ausländische Universitäten hängt die CEU in der Luft. Noch unter der vergangenen rot-schwarzen Regierung war der international renommierten Universität eine Übersiedlung nach Wien angeboten worden. Bereits im Herbst 2019 soll der Forschungs- und Lehrbetrieb am Areal des Otto-Wagner-Spitals in Wien beginnen.
Soros-Uni: „Technische Fragen“ werden mit Bildungsminister geklärt
Soros besprach am Montag mit Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) die Modalitäten der Akkreditierung der CEU in Österreich. „Ich begrüße die Verstärkung des Universitätsstandortes Wien", sagte Faßmann am Rande einer Feier zum 25. Gründungstag des ebenfalls von Soros finanzierten Open Medical Institutes in Wien. Die in Österreich ansässige Institution bietet vornehmlich Fortbildungen für Ärzte und medizinisches Personal an, um den Braindrain aus ärmeren Ländern zu verringern. Soros habe über die Situation in Ungarn geklagt, berichtete Faßmann.
Gefragt bezüglich der Angriffe auf Soros vonseiten mancher FPÖ-Politiker meinte der Minister, die Freiheit der Wissenschaften sei in Österreich ein „hohes Gut“. Daran würde auch nicht gerüttelt, „wenn es Zurufe gibt“. Soros selbst wollte sich nach der Veranstaltung gegenüber Medien nicht äußern.
„Soros-Trumpf“: Budapest von Kurz enttäuscht
Von ungarischen Medien wurde im September auch Kurz in die Nähe von Soros gerückt, nachdem er die Einleitung des EU-Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn unterstützt hatte. „Spielt Soros mit Kurz seinen letzten Trumpf aus?“ titelte damals die regierungsnahe Zeitung „Magyar Idök“, die auch daran erinnerte, dass Kurz Mitglied des von Soros mitbegründeten „Europäischen Rates für Außenbeziehungen“ (EFCR) ist. Dem Rat gehören 330 Mitglieder verschiedenster politischer Überzeugungen an, darunter 18 Regierungschefs und 27 Außenminister. Unter den zehn österreichischen Mitgliedern sind unter anderem Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel und Ex-Außenministerin Ursula Plassnik (beide ÖVP), die ehemalige Grünen-EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek, der frühere Generalsekretär im Außenamt Albert Rohan sowie Erste-Bank-Chef Andreas Treichl.
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