Erzwungene Statements?
Festgenommene Matrosen gestehen „Provokation“
Nach dem gefährlichen Zwischenfall im Schwarzen Meer mit drei beschlagnahmten ukrainischen Militärschiffen und 24 festgenommenen Matrosen fordert Kiew die unverzügliche Freilassung der Soldaten und die Freigabe der Schiffe. Doch so schnell wird das wohl nicht passieren. Der Kreml betonte am Dienstag, man habe keine Handhabe, das Schicksal der Gefangenen zu beeinflussen. Das sei die Angelegenheit des zuständigen Gerichts. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat Russland am Dienstagabend eine massive Truppenkonzentration an der Grenze vorgeworfen und vor einem drohenden Krieg gewarnt.
Die russische Armee habe die Zahl der Panzer an ihren Stellungen entlang der Grenze verdreifacht, sagte er und warnte vor der Gefahr eines „vollständigen Kriegs“. Die russische Truppenkonzentration sei „entlang der vollen Länge unserer Grenze“ zu beobachten, sagte Poroschenko. Bereits am Montagabend hatte das ukrainische Parlament beschlossen, ein 30-tägiges Kriegsrecht in Teilen des Landes zu verhängen.
U-Haft für Seeleute dürfte Spannungen weiter anheizen
Unterdessen wurden die „Geständnisse“ mehrerer Matrosen in russischen Medien verbreitet. In diesen geben die Seeleute an, die russische Küstenwache „bewusst provoziert“ zu haben. Es könnte sich durchaus um erzwungene bzw. nicht von den Ukrainern selbst verfasste Statements handeln. Einige der inhaftierten Seeleute wurden am Dienstag einem Haftrichter auf der Krim vorgeführt. Neun von ihnen wurden wegen Verletzung der russischen Grenze in Untersuchungshaft genommen.
Die Anordnung der U-Haft gegen die ukrainischen Seeleute dürfte die Spannungen zwischen Moskau und Kiew weiter anheizen. Der ukrainische Marinekommandant Igor Worontschenko wies die Vorwürfe zurück. Er warf Russland vor, seine Besatzung unter Druck gesetzt zu haben. Für Mittwoch sind weitere Anhörungen geplant.
Russland hatte 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. Drei ukrainische Militärschiffe waren am Sonntag in der Meerenge von Kertsch vor der Krim durch den russischen Grenzschutz aufgebracht worden. Alle 24 Besatzungsmitglieder wurden festgenommen. Mindestens drei Ukrainer wurden bei dem Einsatz verletzt. In sozialen Medien wurden Bilder mit den beschädigten ukrainischen Schiffen verbreitet. Diese deuten nicht nur auf ein Rammen, sondern auch auf gezielten Beschuss hin.
Nicht nur die Ukraine, auch zahlreiche westliche Staaten fordern die Freilassung der Gefangenen, unter denen sich auch Offiziere des ukrainischen Geheimdienstes befanden. Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin sagte im lokalen Fernsehen, die Matrosen hätten den Status von Kriegsgefangenen und dürften deshalb nicht verurteilt werden. Sein Land verhandle deshalb mit dem Roten Kreuz.
Kneissl: „Weitere Sanktionen gegen Russland prüfen“
Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft schließt angesichts der jüngsten Eskalation zwischen der Ukraine und Russland neue Sanktionen gegen Russland nicht aus. Außenministerin Karin Kneissl betonte, dass der Sachverhalt (Grenzverletzung und die russische Reaktion darauf, Anm.) zunächst geklärt werden müsse. Alles hänge von dieser Bewertung und dem weiteren Verhalten Kiews und Moskaus ab. Derzeit stehe es „Aussage gegen Aussage“. „Die Frage von weiteren Sanktionen wird sich zeigen, wir haben demnächst einen gemeinsamen Rat“, meinte Kneissl nach einem Treffen mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas in Berlin (siehe Video unten).
Die estnische Regierung ist bereits eine Stufe auf der Eskalationsstufe weiter und fordert neue Sanktionen schon jetzt. „Wir haben gesagt, dass wir bereit sind, die Sanktionen auszuweiten. Sanktionen sind der kraftvollste Weg, um Russland zu zeigen, dass wir es ernst meinen“, sagte der estnische Verteidigungsminister Jüri Luik am Dienstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Er regte auch an, EU-Beobachter in die Region zu entsenden.
Lawrow: „Brauchen keine Vermittler“
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sieht derzeit allerdings keine Notwendigkeit, dass sich internationale Vermittler einschalten. Die Behörden beider Länder könnten die Probleme selbst diskutieren, sagte er nach einem Gespräch mit seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian am Dienstag in Paris. Damit erteilte Lawrow dem deutsch-französischen Vorschlag, gemeinsam mit den beiden Konfliktparteien „an einer Lösung zu arbeiten“, eine Absage.
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