Bundeskanzler Sebastian Kurz hat am Mittwochabend die Reform der Mindestsicherung ein weiteres Mal vehement verteidigt - unter anderem auch die umstrittene Reduzierung der Kinderzuschläge für Familien. Dass damit Kinderarmut produziert werde, wie von Kritikern behauptet, wies der ÖVP-Chef zurück. „Wer das sagt, der soll lieber genauer auf die Zahlen schauen und sich auch um die Menschen sorgen, die arbeiten gehen“, sagte Kurz in der „ZiB 2“. Derzeit würde ein Verkäufer mit drei Kindern auf ein monatliches Gehalt von etwa 2500 Euro kommen und damit weniger verdienen als ein Mindestsicherungsempfänger mit drei Kindern (2600 Euro). „Das ist ein absurdes System und Gift für die Gesellschaft“, sagte Kurz.
Kurz führte im Gespräch mit ORF-Moderator Tarek Leitner ein konkretes Beispiel aus der Arbeitswelt an: Ein verheirateter und dreifacher Familienvater, der in Österreich als Verkäufer arbeitet und dessen Frau zu Hause ist, verdiene 1500 Euro netto pro Monat. Samt 13. und 14. Monatsgehalt und Familienbeihilfe komme er auf einen Verdienst von 2500 Euro netto pro Monat. Ein Mindestsicherungsempfänger mit drei Kindern komme nach den Worten des Kanzlers nach dem alten Modell dagegen auf eine höhere Summe, nämlich auf 2600 Euro. „Das heißt, dass die Familie, wo niemand arbeiten geht, besser aussteigt als jene, wo einer 40 Stunden pro Woche arbeiten geht.“ Das sei ein absurdes System.
„Wer arbeiten geht, darf nicht der Dumme sein“
Die nunmehrige Veränderung durch die Mindestsicherungsreform der türkis-blauen Bundesregierung anhand des erwähnten Beispiels laut Kurz: Die Familie mit drei Kindern und dem 2500-Euro-Verdienst werde in Zukunft rund 2700 Euro (also rund 200 Euro mehr) zum Leben haben. Und bei jener in Mindestsicherung (jetzt 2600 Euro) werde das Einkommen künftig auf rund 2200 Euro gekürzt. „Ich persönlich finde das nur gerecht, dass Menschen, die arbeiten gehen, künftig mehr bekommen als Menschen, die nicht arbeiten gehen.“ Wer arbeiten geht, dürfe laut Kurz „nicht der Dumme sein“. Die Reform der Mindestsicherung solle keine „Verwaltung der Arbeitslosigkeit“ sein, sondern den Arbeitsmarkt attraktiver machen.
Einschnitte sieht das Regierungsmodell für Familien mit Kindern vor (81.334 von 231.390 Mindestsicherungsbeziehern sind Kinder). Die Kinderzuschläge sollen nämlich mit ansteigender Kinderzahl stark reduziert werden: Für das erste Kind gibt es noch 216 Euro, für das zweite 130 und ab dem vierten Kind nur noch 43 Euro monatlich.
Zuschlag für Alleinerziehende
Von der Regierung hervorgestrichen wurde bereits nach dem Ministerrat am Mittwoch der geplante Zuschlag für Alleinerziehende. Alleinerzieherinnen erhalten nämlich monatliche Zuschläge, die die Kürzung der Kinderzuschläge ausgleichen oder abfedern sollen. Allerdings sinken auch hier die Zuschläge pro Kind mit steigender Kinderzahl. Mindestsicherungsbezieher mit Beeinträchtigung erhalten 155 Euro mehr. „Wir sind in manchen Bereichen ein Stück großzügiger geworden“, befand Kurz.
Mindestsicherung: Kürzungen für Bezieher mit schlechtem Deutsch
Mit deutlichen Kürzungen rechnen müssen neben Familien auch Bezieher mit schlechten Deutschkenntnissen. Die volle Mindestsicherung (maximal 863 Euro für einen Erwachsenen, 1208 Euro für Paare) gibt es nämlich erst ab einem Sprachniveau von B1 bei Deutsch oder C1 bei Englisch. Für EU-Ausländer ist außerdem eine fünfjährige Wartefrist vorgesehen. Asylwerber bekommen ohnehin keine Mindestsicherung, sondern Grundversorgung.
„Wir haben eine massive Zuwanderung in das System der Mindestsicherung“, begründete Kurz die „dringend notwendige“ Reform. Österreich habe bereits mehr Mindestsicherungsbezieher als das Burgenland Einwohner - und jeder zweite sei Ausländer.
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