Ein Amateur-Radsportler, der bei Siegerehrungen den rechten Arm zum Hitlergruß in die Höhe reckte, ist am Donnerstag im Landesgericht Wels wegen Wiederbetätigung zu einem Jahr bedingter Haft und 3.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Der 79-jährige hatte sich für unschuldig erklärt. Er habe den Arm in die Höhe gehoben, um auf seine Handverletzung hinzuweisen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Fünf Mal ist der Sportler seit 2012 mit dem Nazi-Gruß aufgefallen, weshalb er jetzt wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz 3g angeklagt worden war. In drei Fälle sprachen ihn die Geschworenen einstimmig schuldig, in den anderen gab es mit acht zu null Stimmen bzw. mit fünf zu drei Stimmen einen Freispruch. Aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen verurteilte ihn das Gericht zu der bedingten einjährigen Haftstrafe. Dafür gab es eine „spürbare Geldsanktion“ in Höhe von 3.000 Euro, wie der Richter meinte. Sofort nach der Urteilsverkündung meldet der Angeklagte drei Tage Bedenkzeit an und streckte dazu drei Finger seiner erhobenen Hand in die Höhe. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.
Altersgruppe 75 plus
Bei der fünften Austria Top Tour-Gala im Schloss Mondsee war es vergangenes Jahr zu dem Zwischenfall gekommen, der zu dem gerichtlichen Nachspiel geführt hat. Die Veranstaltung am Nationalfeiertag bildete den Abschluss einer Radmarathon-Serie für Amateure. Der Angeklagte holte sich in der Altersgruppe 75 plus den Gesamtsieg. Bei der Ehrung riss er dann die rechte Hand gestreckt in die Höhe. Der Mondseer Bürgermeister Karl Feurhuber (ÖVP) sowie ein Anwalt, die beide Augenzeugen waren, zeigten den Sportler an. Wie die Ermittlungen ergaben, hatte sich der Amateurradler seit 2012 schon mehrmals bei Siegerehrungen derart gezeigt. Bis zum Zwischenfall im vergangenen Jahr hatte sein Verhalten jedoch keine strafrechtlichen Konsequenzen.
„Unglaubwürdige Schutzbehauptung“
Auch gegen den Moderator der Gala-Veranstaltung in Mondsee, der den mutmaßlichen Nazi-Gruß heruntergespielt haben soll, wurde Anzeige erstattet. Gegen ihn wurde das Verfahren eingestellt. Der Radrennfahrer musste jedoch am Donnerstag vor Gericht und lieferte den Geschworenen eine laut Staatsanwalt „unglaubwürdige Schutzbehauptung“. Seit 1958 sitze er „im Rennsattel“, habe seitdem 82 Unfälle gebaut und dennoch 700 Siege erzielt. Aus diesem Grund habe er seine mehrfach operierte rechte Hand vor Freude in die Höhe gereckt. Wegen seiner kaputten Schulter könne er den Arm nicht mehr ganz nach oben strecken, weshalb seine Geste missinterpretiert hätte werden können.
„Sympathie zum Dritten Reich“
Für den Staatsanwalt stand es außer Zweifel, dass der studierte Historiker „Sympathie zum Dritten Reich“ zeige. So postete er entsprechende Kommentare im Internet. Bei einer Hausdurchsuchung wurde in einem Zimmer ein Aufkleber auf einer Büchervitrine mit einem Zitat der Reichsschrifttumskammer „Lesen macht dumm und gewalttätig“ entdeckt. Dies sei ein Andenken an seinen toten Sohn, rechtfertigte sich der Angeklagte, was im Gerichtssaal doch für Verwunderung sorgte.
"Schrulliger, alter Mann“
Wer sich die NS-Zeit zurückwünsche „müsste ein Trottel sein“, distanzierte er sich. Zweimal in der Woche habe er als Fünfjähriger in den Luftschutzbunker müssen, und überall auf der Straße seien „tote Rösser“ gelegen. Auf die Nachfrage des Richters, wie er zum Holocaust stehe, antwortete er erst beim dritten Mal: „Absoluter Unsinn“. Und „Quatsch“ er ziehe „nichts in Zweifel, weil ich keine Beweise habe“, so der Althistoriker. Entlastet wurde der Sportler von einem Kollegen. Er nannte ihn einen „schrulligen, alten Mann, der aus jeder Siegerehrung ein Theater macht“. Mal erscheine er mit Trillerpfeife, mal mit Hupe.
„Eindeutig ein Hitlergruß“
Für den Anwalt, der den Fall mit der Anzeige ins Rollen brachte, sei die Geste „eindeutig ein Hitlergruß gewesen“. Entsprechend groß sei die Empörung bei den Gala-Gästen - von denen er einer war - gewesen. Auch der Veranstalter sah das so. Einen Tag nach der Siegerehrung erfuhr der Amateursportler, dass ihm der Sieg aberkannt wurde. Außerdem erteilte ihm die Austria Top Tour-Organisation lebenslanges Startverbot.
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