Aufstand in Paris
Macron: „Ich werde niemals Gewalt akzeptieren“
Nach den schwersten Krawallen seit Jahrzehnten in Paris mit 133 Verletzten und mehr als 400 Festnahmen setzt die französische Regierung auf Härte. Die Randalierer würden identifiziert und vor Gericht gestellt, warnte Präsident Emmanuel Macron. „Ich werde niemals Gewalt akzeptieren“, erklärte er bestimmt. Laut einem Regierungssprecher würden alle Optionen geprüft, um erneute Ausschreitungen zu verhindern. Während der „Gelbwesten“-Proteste gegen Macrons Reformpolitik wurden ganze Straßenzüge verwüstet. Vermummte randalierten unter anderem mit Metallstangen und Äxten.
Macron hatte nach den schweren Krawallen für Sonntag eine Krisensitzung im Elysee-Palast einberufen. Er übte scharfe Kritik an den gewalttätigen Kundgebungsteilnehmern: „Kein Anliegen rechtfertigt den Angriff auf Staatsvertreter, die Plünderung von Geschäften, die Bedrohung von Passanten und Journalisten und die Besudelung des Arc du Triomphe.“ Ein von Innenminister Christophe Castaner ins Spiel gebrachte Ausnahmezustand sei aber nicht diskutiert worden, so Macron.
Zudem soll es aber auch zu Gesprächen mit den Demonstranten kommen: Macron habe Premierminister Edouard Philippe angewiesen, Vertreter der im Parlament vertretenen Parteien sowie der „Gelbwesten“ zu empfangen, teilte der Elysee-Palast nach der Krisensitzung mit. Die Gespräche sollen bereits am Montag beginnen, wie es aus Philippes Büro hieß. Der Premier hatte bereits in der vergangenen Woche Vertreter der „Gelben Westen“ empfangen, einer der beiden brach das Treffen jedoch kurz nach Beginn ab.
Regierungssprecher: „Reformpolitik wird fortgesetzt“
Zugleich kündigte Regierunsgsprecher Benjamin Griveaux eine Fortsetzung der Reformpolitik an. „Wir haben gesagt, dass wir den Kurs nicht ändern werden. Denn der Kurs ist gut.“ Allerdings sei die Regierung bereit zum Dialog mit Vertretern der „Gelbwesten“. Gleichzeitig forderte Griveaux die Franzosen auf, sich hinter die Sicherheitskräfte zu stellen.
Bilder und Videos zeigen das Ausmaß der Zerstörung
Bei den Ausschreitungen wurden ganze Straßenzüge verwüstet. Randalierer erreichteten Barrikaden, zündeten Autos an und warfen Fensterscheiben ein. Denkmäler und Häuser wurden beschmiert, unter anderem eine Skulptur der Marianne, Symbol der Französischen Revolution, schwer beschädigt. Videos und Bilder vom Tag danach zeigen das Ausmaß der Zerstörung.
Premierminister: „Demonstranten stellen Symbole Frankreichs infrage“
Wegen der Ausschreitungen sagte Premierminister Edouard Philippe seine Reise zum Weltklimagipfel nach Polen ab. Er sprach von einem „selten erreichten Ausmaß der Gewalt“. Die Demonstranten hätten „Symbole Frankreichs infrage gestellt“, den „Arc de Triomphe mit Graffiti besprüht“ und „rund um das Grab des unbekannten Soldaten eine gewalttätige Demonstration“ organisiert. Dies sei „schockierend“.
Opposition wirft Regierung vor, Gewalt eskalieren zu lassen
Mehrere Oppositionspolitiker warfen der Regierung dagegen vor, die Gewalt eskalieren zu lassen, um die „Gelbwesten“ zu diskreditieren. Landesweit waren beim dritten Aktionstag der Protestbewegung nach Angaben des Innenministeriums geschätzt 75.000 Menschen beteiligt. Allerdings sinkt die Teilnehmerzahl stetig.
Drittes Todesopfer am Samstag
Indes wurde erst am Sonntag bekannt, dass der gewalttätige „Gelbwesten“-Protest am Samstag ein weiteres Todesopfer gefordert hat. Ein Autofahrer fuhr während einer Kundgebung mit voller Geschwindigkeit auf das Ende eines Staus auf, der sich vor einer Barrikade der Demonstranten nahe der südfranzösischen Stadt Arles gebildet hatte, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der heftige Aufprall endete für den Autofahrer tödlich.
Der tödliche Unfall stehe in „direktem Zusammenhang“ mit der Protestaktion, sagte der Staatsanwalt von Tarascon, Patrick Desjardins, zur AFP. Die Straßensperre habe einen zehn Kilometer langen Stau verursacht. Der Fahrer sei mit seinem Wagen auf einen Lkw aufgefahren und dann selbst von einem anfahrenden Auto gerammt worden. Der Aufprall sei „sehr massiv“ gewesen, sagte der Staatsanwalt. Es seien Ermittlungen eingeleitet worden. Dabei gehe es auch um die Organisatoren der Straßensperre.
In den vergangenen Wochen waren bereits zwei weitere Todesopfer in Zusammenhang mit den Protesten zu beklagen gewesen.
133 Verletzte, 412 Menschen wurden festgenommen
Die Proteste der „Gelbwesten“ hatten am Samstag allein in Paris 133 Verletzte, darunter 23 Sicherheitskräfte, gefordert. 412 Menschen sind laut offiziellen Angaben festgenommen worden, von denen sich am Sonntag noch 378 in Polizeigewahrsam befanden. Insgesamt wurden laut Innenminister Castaner 3000 Randalierer identifiziert.
Die Demonstrationen in der Hauptstadt waren am Samstag in massive Gewalt umgeschlagen. Ordnungskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer ein. Rund 4600 Polizisten waren im Einsatz. Am Samstagabend beruhigte sich die Lage wieder.
Zu gewaltsamen Zwischenfällen kam es auch außerhalb der Hauptstadt. Bei Narbonne wurde eine Mautstelle der Autobahn angezündet. Auf der A6 nördlich von Lyon legten rund hundert „Gelbwesten“ den Verkehr lahm. In Straßburg zogen etwa 100 Demonstranten über den Christkindlmarkt. Zu Ausschreitungen kam es auch in Marseille, Bordeaux, Tours und Saint-Etienne.
Die „Gelbwesten“ fordern unter anderem Steuersenkungen sowie eine Anhebung von Mindestlöhnen und Pensionen. Präsident Macron hat zugesagt, die umstrittene Ökosteuer auf Diesel an den Kraftstoffpreis anzupassen. Das geht den Aktivisten, die sich über die sozialen Netzwerke organisieren, aber nicht weit genug.
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