Mit „Lost On You“ eroberte die gebürtige New Yorkerin Laura Pergolizzi aka LP vor drei Jahren Charts und Herzen im Sturm. Auf dem neuen Album „Heart To Mouth“ gilt es jetzt, diesen Fahrtwind zu nutzen und den Erfolg zu bestätigen. Im Gespräch mit der „Krone“ verriet uns die 37-Jährige, wie sie mit diesem Druck umgeht, warum sie so stark für Diversität und Gemeinschaft einsteht und weshalb sie sich endgültig auch selbst als Künstlerin im Business angekommen sieht.
„Niemals aufgeben“ ist die Devise, die vor allem im Musikbusiness Wunder wirken kann. Die 37-jährige New Yorkerin Laura Pergolizzi kann ein Lied davon singen, denn unter dem eher unglücklich gewählten Pseudonym LP musiziert das Stimmwunder schon seit dem Millennium, der große Durchbruch gelang mit der Erfolgssingle „Lost On You“ schlussendlich erst 2015. Selbstverständlich will sie sich gerade jetzt möglichst schnell wieder davon emanzipieren. „Meine Songs entstehen immer aus dem Gedanken heraus, mich möglichst weit vom letzten erfolgreichen Lied zu lösen. Natürlich habe ich mittlerweile eine Art Grundsound, den ich nicht ablegen kann, aber ich versuche ihn zu erweitern und zu verändern. Ich sehe mich in erster Linie als Songwriterin und erst danach als Interpretin.“
Absprung geschafft
Gerade dieser Zugang ist wichtig, um Geschichte und Leben von LP zu verstehen. Sie mag zwar als Sängerin erst vor drei Jahren ins Rampenlicht gerückt sein, als Songschreiberin verzehrten sich aber die größten Künstler des US-Marktes nach ihr. Christina Aguilera, Rihanna und Leona Lewis sind nur wenige Beispiele einer ganzen Phalanx an Berühmtheiten, denen LP Hitsongs auf den Leib geschrieben hat. „Ich habe genau zur richtigen Zeit und lange genug für andere geschrieben und die Sache rechtzeitig gestoppt“, resümiert sie im Interview mit der „Krone“, „ich habe bei vielen meiner Freunde gesehen, wie es ist, wenn man den Absprung nicht schafft. Irgendwann stellen sich alle die Frage, warum sie ihre Ideen anderen geben und nicht gleich selbst umsetzen. Es hat wirklich viel Spaß gemacht, aber jetzt ist die Zeit reif, dass ich das Material für mich selbst verwende.“
Dieser Tage erscheint mit „Heart To Mouth“ endlich der lang erwartete Nachfolger des Erfolgswerkes und beinhaltet einmal mehr eine bunte Palette an Themen und musikalische Vielfalt. Irgendwo zwischen sanften Balladen, knackigen R&B-Tracks und rockigen Momenten ist immer Platz für das einzigartige Timbre der Künstlerin - gerade bei einem Song wie „Dreamer“ erreicht sie stimmlich unfassbare Höhen. „Ich hatte ein ganzes Jahr mit einem Reflux zu kämpfen, der meine Stimme beschädigte. Ein Gesangslehrer von mir fand irgendwann heraus, dass meine Stimmprobleme mit Dehydration zusammenhängen. Seitdem ich das weiß und sinnvoll bekämpfen kann, fällt es mir wesentlich leichter zu singen.“ Wie gewohnt mäandert LP zwischen Pop und Rock hin und her. „Meine Alben klingen oft poppig, live liefere ich aber eine echte Rockshow ab. Man will von mir sicher keinen Rap-Song hören, aber ich kann mir selbst nicht beantworten, in welchem Genre ich mich musikalisch befinde.“
Therapeutische Songs
Mit der Single-Auskoppelung „Recovery“ hat sie schon für Aufsehen gesorgt - schließlich dreht sich der Song um das Loslassen und Therapieren aus der Sicht von LP und ihrer Ex-Freundin. „Ich glaube, dass der Song aus einer Session für Leona Lewis entstand. Sie wollte ihn nicht, also habe ich ihn selbst verwendet. Es geht um den Trennungsschmerz und die Dauer, bis er vorübergeht. Manchmal sind Beziehungen völlig an die Wand gefahren, aber man ist so aneinander gewöhnt, dass man in eigenartiger Art und Weise süchtig nacheinander ist, obwohl man sich nichts mehr zu sagen hat. Auch wenn das schon länger her ist, berührt mich der Song noch immer und hat etwas Therapeutisches an sich.“
In eine ganz andere Kerbe schlägt die Nummer „Die For Your Love“, die eine wundervolle Liebeserklärung an LPs aktuelle Freundin und ihre Familie ist. „Das ist einer meiner sogenannten ,Stay In The Game‘-Songs. Wenn man sich manchmal besser fühlen will, muss man auch für andere da sein.“ Ansonsten scheut sich LP auch nicht davor zurück, auf die Tagespolitik einzugehen und diverse Gesellschaftsverfehlungen anzuprangern. Seit ihrem letzten Album tat sich so einiges. Donald Trump wurde US-Präsident und die #MeToo-Kampagne hat die Gesellschaft aufgerührt. „Mir geht es als Mensch um Zusammenhalt, Inklusion, Gleichberechtigung und Diversität. Das Internet heute finde ich ja fast witzig. Da sitzen Leute mit ihren breiten Ärschen auf der Couch und versprühen ungefragt ihre Meinungen. Wenn du wirklich etwas an dieser Welt verändern willst, dann hebe deinen Hintern und geh zumindest zur Wahl. Nur so kann etwas funktionieren.“
Das Schlimmste und Beste
Zu ihrem Präsidenten hat LP auch eine Meinung, predigend will sie in ihrer Musik aber nicht vorgehen. „Unser Präsident ist ein Reality-Star und ein Genie darin, Leute über Social-Media-Plattformen zu manipulieren. Es war eigentlich unvermeidlich, dass so jemand einmal an die Spitze des Landes kommen würde. Es ist gleichzeitig das Schlimmste und Beste, was uns passieren konnte. Einerseits zerstört er viel, andererseits öffnet er mit seiner Vorgangsweise aber auch vielen die Augen. Ich glaube einfach daran, dass die Menschen, wenn es wirklich schlimm wird, immer zusammenhalten.“
Wie wichtig LP Zusammenhalt ist, zeigt nicht zuletzt ihre Zusammenarbeit mit dem schwer konservativen Morrissey. „Ich bekam von meinen Fans so einige Kommentare, die hinterfragten, was das eigentlich soll“, schmunzelnd sie rückblickend, „ich bin aber auch mit einem Vater aufgewachsen, dessen Ansichten andere waren als die meinen - von daher war diese Situation für mich nicht neu. Wenn man offen und ehrlich lebt, muss man andere Meinungen akzeptieren können. Solange jeder so leben kann, wie er es für richtig hält, sind unterschiedliche Ansichten absolut legitim. Vielleicht ist das aber auch nur der Gedankengang einer verrückten Linksliberalen - wer kennt schon die Wahrheit?“ „Heart To Mouth“ ist aber zumindest ein wahrhaftig starkes Stück Musik im Spannungsfeld zwischen Pop und Rock.
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