Einsatzkräfte, Lehrer
Säulen Frankreichs wenden sich von Macron ab
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht sich nicht mehr nur den „Gelbwesten“ gegenüber, immer mehr Säulen des öffentlichen Lebens wenden sich gegen ihren Staatschef - nach Feuerwehrmännern und Polizisten nun auch Lehrer und Bauern. Sie solidarisieren sich mit den aufgebrachten Demonstranten oder kündigen nach den Gewalt-Eskalationen am vergangenen Wochenende mit Hunderten Verletzten und Festnahmen ihrerseits Streiks und Protestaktionen an. Dass Macron weiter auf die Franzosen zugeht, besänftigt sie nicht.
Macron setzte die geplanten Steuererhöhungen auf Benzin und Diesel, an denen sich die Wut der Protestgruppe „Gelbe Westen“ entzündet hatte, für das gesamte Jahr 2019 außer Kraft, wie am Mittwochabend bestätigt wurde. Auch eine weitere Regelung, die Nachteile für weniger betuchte Autofahrer gebracht hätte, nahm er zurück. Doch die Maßnahmen reichen den Protestierenden nicht - ihre Wut entzündet sich längst an mehr Themen als den steigenden Benzinpreisen.
Laute Rücktrittsrufe gegen Macron bei Besuch von Regierungsgebäude
Die Menschen in Frankreich fordern inzwischen höhere Pensionen, mehr Studienplätze, Gratis-Busse, die Wiedereinführung der zuletzt abgeschafften Vermögenssteuer für die Superreichen - und natürlich Macrons Rücktritt. Dies hatten sie den Staatschef bei einem Besuch im südfranzösischen Le Puy-en-Velay deutlich spüren lassen. Macron hatte sich dort ein Bild von Zerstörungen an Regierungsgebäuden im Zuge der „Gelbwesten“-Proteste gemacht und wurde heftig beschimpft.
Lehrer, Schüler, Bauern ebenfalls auf den Barrikaden
Frankreichs Lehrer wollen am kommenden Montag streiken, Anfang dieser Woche hatten bereits Schüler gegen die Reform der französischen Matura demonstriert. In Nizza und anderen Städten skandierten Schüler zum Teil Parolen der „Gelbwesten“, es gab Verletzte. Auch die Landwirte wollen kommende Woche demonstrieren. Die Bauern fühlen sich durch „Agri-Bashing“ - also pauschale Angriffe auf den Berufsstand der Bauern - „gedemütigt“. Auch das geplante Verbot des Unkrautgifts Glyphosat ärgere sie, wie ein Vertreter sagte.
Aufruf zur Ruhe vom Präsidenten, 65.000 Polizisten im Einsatz
Macron will um jeden Preis weitere Ausschreitungen wie jene am vergangenen Wochenende verhindern. Am Mittwoch forderte er politische und gewerkschaftliche Kräfte sowie Arbeitgeber dazu auf, einen „deutlichen und expliziten Aufruf zur Ruhe“ zu verbreiten. Dass die Proteste ausbleiben, wird nicht erwartet: Die Sicherheitskräfte bereiten sich auf den vierten Protestsamstag in Folge vor. 65.000 Polizisten sollen am Samstag landesweit im Einsatz sein. Regierungssprecher Benjamin Griveaux schloss nicht ausdrücklich aus, dass künftig auch das Militär eingesetzt werden könnte.
Doch auch unter den Sicherheitskräften solidarisieren sich immer mehr mit den „Gelbwesten“ und wenden sich von Macron ab.
Seit mehreren Wochen demonstrieren Hunderttausende Anhänger der „Gelbwesten“ im ganzen Land. Nach einer Bilanz von Regierungschef Edouard Philippe kamen bisher vier Menschen ums Leben, Hunderte wurden verletzt. Am Samstag war es in Paris zu den schwersten Krawallen seit Jahren gekommen. Allein in der Hauptstadt ist ein Millionenschaden zu verzeichnen.
Video: Riesenschaden nach Randalen am ersten Adventwochenende
Die Sorge vor weiteren Ausschreitungen am kommenden Samstag ist groß. Die Gewerkschaft CGT kündigte zudem für den 14. Dezember einen „großen Aktionstag“ gegen die sinkende Kaufkraft an.
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