In wenigen Jahren sollen so Tausende Statuen, Tempelfragmente und Kunstgegenstände nicht nur im Museum oder Depot, sondern auch am PC-Monitor zu erleben sein. "Wenn genügend Partner dazukommen, könnten am Ende sogar Millionen Exponate in unsere Datenbank gelangen", erklärt André Stork.
Der Abteilungschef für industrielle Anwendungen am deutschen Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) hatte schon Ende 2008 mit seinem Team angefangen, an der nötigen Software-Infrastruktur zu feilen. Im vorigen November zauberten die Experten dann ihr erstes virtuelles Ensemble auf den Bildschirm: eine originalgetreue 3D-Replik von Michelangelos "David"-Plastik. "Wir wollen uns demnächst auch mit der Sphinx in Ägypten oder den Bauten im Forum Romanum beschäftigen", kündigt Stork an.
Die Computerwissenschaftler und Software-Ingenieure wollen mit dem Verfahren ihren Kollegen aus der Kunstgeschichte und Archäologie unter die Arme greifen. Denn sobald die Datenbasis erst groß genug sei, könne "3D-COFORM" (siehe Infobox) die Suche nach Vergleichsobjekten, die in staubigen oder entlegenen Archiven lagern, erheblich erleichtern. Kuratoren und Restauratoren hätten es mit der rechnergestützten Variante ebenfalls einfacher: Die Dokumentation der Werke durch exakte Kopien sei schonender, Originale würden nicht strapaziert.
Digitale Puzzlearbeit
Bevor die Klone von "David" und Co. lebensecht um ihre eigene Achse rotieren können, müssen die Technikspezialisten allerdings eine Menge digitale Puzzlearbeit leisten. "Beim fotobasierten Verfahren verdichten wir schrittweise viele Bilder des Objekts, die in der Summe auf seine räumliche Geometrie schließen lassen", erläutert Sebastian Peña Serna, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IGD.
Alternativ kann ein Laser-Scanner Lichtpunkte auf Büsten, Säulen, Speere oder Vasen schießen. "Die Punktwolken ergeben durch Überlagerung dann Dreiecksnetze und schließlich den gesamten Gegenstand." Die Algorithmen der zugehörigen Software sollen einmal so genau werden, dass sich auch Risse oder Falten abbilden lassen. Im Video oben zu sehen: eine dreidimensionale Rekonstruktion der Mogao-Grotten im chinesischen Dunhuang.
Meta-Daten sollen komplexe Abfragen ermöglichen
Im ausgereiften Stadium soll "3D-COFORM" auch Bilder, Texte, Videos und Audios enthalten. Der Informatiker verspricht "ein echtes Multimediaformat". Wenn Daten und Meta-Daten komplett verknüpft sind, sollen zudem Abfragen möglich sein, die ganze Ausgrabungsverläufe nachzeichnen oder die Überprüfung kunsthistorischer Hypothesen zulassen - nach dem Motto: "Zeige mir alle Statuen, die ein bestimmter Künstler auf Zypern erstellt hat."
Bislang haben die Fraunhofer-Forscher und ihre Mitstreiter von der Universität Bonn Entwicklungspartner aus fünf europäischen Ländern mit ins Boot geholt. Namhaften Museen testen die Technik oder haben Kooperationen angekündigt - darunter das Londoner Victoria and Albert Museum, der Pariser Louvre, die Florentiner Museen, die zyprischen Welterbe-Stätten oder die Staatlichen Museen zu Berlin.
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