Wirbel um Juncker

Darf ein EU-Boss Frauen die Haare zerwuscheln?

Ausland
15.12.2018 09:50

Einmal mehr sorgt das recht seltsam anmutende Benehmen des EU-Kommissionspräsidents Jean-Claude Juncker für Wirbel. Denn bei seinem Eintreffen zum EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag zerstrubbelte der mächstigste Mann Europas einfach so die Haare einer blonden EU-Mitarbeiterin, nachdem er aus seinem Auto gestiegen war (im Video zu sehen bei 00:32). Die Dame nahm das Ganze mit nobler Zurückhaltung hin, Juncker selbst verteilte anschließend die üblichen Begrüßungsküsse. 

Es ist nicht das erste Mal, dass Junckers Verhalten für Kopfschütteln sorgt. So trat er jüngst bei einer Pressekonferenz mit zwei unterschiedlichen Schuhen vor die Medienvertreter. Im Juli 2018 stolperte und wankte der EU-Boss beim NATO-Dinner dermaßen bedrohlich, dass er von seinen Begleitern und Sicherheitsleuten gestützt werden musste. Später erklärte er, es habe sich um ein akutes Ischiasleiden gehandelt. Und dass er von vornehmer Zurückhaltung bei den förmlichen Begrüßungen in Brüssel wenig hält, dokumentieren zahlreiche Fotos, die den küssenden und tatschenden Juncker zeigen ...

Bei seinem Eintreffen zum Brexit-Gipfel zerwuschelt Jean-Claude Juncker die Frisur einer Mitarbeiterin. (Bild: ruptly.tv)
Bei seinem Eintreffen zum Brexit-Gipfel zerwuschelt Jean-Claude Juncker die Frisur einer Mitarbeiterin.
Nicht nur Frauenhaare im Visier: Hier zerstrubbelt Juncker die Frisur von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger. (Bild: AFP)
Nicht nur Frauenhaare im Visier: Hier zerstrubbelt Juncker die Frisur von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger.
Jean-Claude Juncker und Donald Tusk (Bild: AFP)
Jean-Claude Juncker und Donald Tusk
Innige Begrüßung für die britische Premierministerin Theresa May im Dezember 2018 (Bild: AP)
Innige Begrüßung für die britische Premierministerin Theresa May im Dezember 2018

„Unangemessen“, „peinlich“
Besonders in den sozialen Netzwerken findet das Verhalten Junckers wenig Anklang. So schrieben User auf Twitter, der EU-Chef sei „peinlich“: „Wäre er nicht Jean-Claude Juncker, wäre das bereits ein Fall von sexueller Belästigung“, kommentierte „Beastmode Boxing“ ein Twitter-Video, das Juncker beim Haare wuscheln zeigt. Andere schrieben, angesichts seiner Position sei ein derartiges Verhalten „unangemessen“.

(Bild: AFP)

Brexit-Chaos und festgefahrene Verhandlungen
Wenn man sich nicht gerade begrüßt, wird in Brüssel übrigens auch verhandelt - derzeit besonders mit den Briten wegen des bevorstehenden EU-Austritts. Allerdings konnte beim jüngsten Gipfel kein Ausweg aus der Brexit-Sackgasse gefunden werden, vielmehr schickte man die britische Premierministerin Theresa May mit unverbindlichen Zusagen zurück nach London. Die britische Presse wertete das als Total-Niederlage und feuerte entsprechende Schlagzeilen ab.

(Bild: AP, stock.adobe.com, krone.at-Grafik, London Times, Guardian)

EU-Vertreter berichteten von wachsendem Unverständnis über das Brexit-Chaos in Großbritannien und über unklare Vorstellungen Mays. Die EU will sich deshalb verstärkt auf einen Austritt ohne Abkommen vorbereiten. May kündigte zum Abschluss des Gipfels am Freitag erneute Gespräche „in den kommenden Tagen“ an, um „weitere Klärungen“ zu dem umstrittenen Abkommen mit der EU zu erzielen - genau dieses Ziel hatte sie ursprünglich schon auf dem nun beendeten Spitzentreffen in Brüssel erreichen wollen.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (Bild: BUNDESKANZLERAMT/ARNO MELICHAREK)
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker

Die EU-Spitzen reagierten zurückhaltend auf Mays Ankündigung. „Ich habe kein Mandat, weitere Verhandlungen zu organisieren“, sagte Ratspräsident Donald Tusk. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, bei den Gipfelberatungen sei es „glasklar“ gewesen, „dass wir die Verhandlungen keinesfalls wieder aufnehmen“. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz formulierte das aktuelle Hick-Hack um den Brexit noch am diplomatischsten: „Wir haben unterschiedliche Positionen, aber das ist alles.“

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