Weiter Wirbel um die „eingekesselten“ Rapid-Fans rund um die 6:1-Pleite bei der Austria! „Das ist total unverantwortlich und saudumm“, betont Geschäftsführer Christoph Peschek. Warum daraufhin alle zum Handkuss kamen, konnte er nicht ganz verstehen. Präsident Michael Krammer wird noch viel deutlicher. In einer Aussendung des Vereins stellt er sogar die gesamte Polizeiaktion in Frage. Grund: 1338 Rapid-Anhänger wurden von der Polizei stundenlang (mittlerweile ist im Web von bis zu sieben Stunden die Rede) zu Identitätsfeststellungen vor dem Stadion angehalten - ein Vorgehen, das der Polizei viel Kritik einbringt. Rapid prangerte mangelnde Verhältnismäßigkeit an und sprach von einem „skandalösen Vorgehen“.
Auslöser für das Vorgehen war laut Polizei, die rund um das Match mit 550 Beamten im Einsatz war, die zehnminütige Sperre der Wiener Südosttangente (A23) im Vorfeld des Derbys. Laut Angaben der Exekutive hatten bereits als Risiko-Fans bekannte Männer pyrotechnische Gegenstände, Getränkedosen und Schneebälle auf die meistbefahrene Autobahn Österreichs geworfen, die unmittelbar an der Generali Arena der Austria vorbeiführt. Die Polizei überprüfte daraufhin die Identität von 1338 Personen, die am Rapid-Fanmarsch hin zum Stadion teilgenommen hatten.
„Einsatz ohne gröbere Zwischenfälle“
Der Einsatz sei nach Angaben der Polizei ohne gröbere Zwischenfälle abgelaufen. Es mussten „lediglich drei Personen von der Rettung abtransportiert werden“. Laut „Rechtshilfe Rapid“ wurde der zur medizinischen Versorgung zwischenzeitlich angerückte Katastrophenzug des Roten Kreuzes aber unverrichteter Dinge wieder weggeschickt. „Die Polizei verweigert eine medizinische Versorgung“, heißt es in einem diesbezüglichen Tweet. Die „Rechtshilfe Rapid“ sprach deshalb gar von „Folter“. Der Einsatz endete mit zwei Anzeigen. Laut Polizei gab es eine Anzeige wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung und eine verwaltungsrechtliche Festnahme. Zahlreiche pyrotechnische Gegenstände, darunter „eine Rauchgranate polnischen Fabrikats“ seien sichergestellt worden. Krammer: „Egal ob ein Gegenstand oder mehrere, so eine Aktion ist natürlich ohne Wenn und Aber zu verurteilen.“
„Diabetiker ohne Versorgung“
In Rapids Stellungnahme vom Montag heißt es unterdessen zu dem Vorfall: „An einer engen Stelle vor der umgebauten Heimstätte des FK Austria wurden schließlich über 1.300 Rapid-Anhänger von der Polizei eingekesselt und einer Identitätsfeststellung unterzogen. Dies dauerte mehrere Stunden und war erst kurz vor 22.00 Uhr abgeschlossen. Den perlustrierten Personen, darunter auch Kinder, Frauen und ein Mädchen, das aufgrund einer Diabetes-Erkrankung insulinpflichtig ist, mussten ohne Versorgung (Getränke oder Essen) und ohne Möglichkeit sanitäre Anlagen aufzusuchen, dort verharren.“
„Skandalös“
Präsident Krammer dazu: „Ich habe als ehemaliger Offizier des Bundesheers großes Verständnis für rechtsstaatliche Prinzipien. Was ich am Sonntagabend erlebt habe, hätte ich aber im Rechtstaat Österreich nicht für möglich gehalten. Hier war keinerlei Verhältnismäßigkeit gegeben, Menschen über Stunden bei Minusgraden einer solchen Situation auszusetzen, halte ich für skandalös. 1338 Personen aufgrund Verfehlungen von Einzelnen auf diese Art zu behandeln und unter Generalverdacht zu stellen, muss hinterfragt und aufgearbeitet werden.“
„Retourkutsche der Polzei“
In Fankreisen und in den sozialen Netzwerken wurde weiters über eine geplante Retourkutsche der Polizei auf eine Anti-Polizei-Choreografie gemutmaßt. Vor dem Anpfiff des Europa-League-Spiels am vergangenen Donnerstag (13.12.) hatte die organisierte Fanszene tribünenübergreifend in großen, grünen Lettern den Schriftzug „1312“ präsentiert. Ein Code für die Abkürzung „ACAB“, die für die Beschimpfung „All Cops Are Bastards“ steht. Die Justiz stellte am Montag gegenüber der APA klar, dass der Einsatz nicht von ihr angeordnet worden sei.
Polizei hofft auf Stadionverbote
Wiens Landespräsident Gerhard Pürstl hatte sich noch am späten Sonntagabend in einer Aussendung zu Wort gemeldet. „Gewalt hat auch beim Fußball nichts verloren. Die Wiener Polizei ist dieser entschieden entgegengetreten“, wurde Pürstl zitiert. Er wünscht sich nun, dass der Verein „gegen alle gewaltbereiten Fans, soweit sie ihm bekannt sind, konsequent, auch mit Stadionverboten, vorgeht“.
„Gewalt hat im Fußball nichts verloren“
Krammer prangerte den Generalverdacht gegenüber über 1300 Personen an. „Ich stimme dem Landespolizeipräsidenten absolut zu, dass Gewalt auch im Fußball nichts verloren hat. Daher sollten jene zur Verantwortung gezogen werden, die sich in diesem Zusammenhang strafbar machen, aber nicht über 1300 Personen unter Generalverdacht gestellt und über Stunden unter menschenunwürdigen Umständen festgehalten werden.“
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