Protest wird viral
Derbe Beschimpfung Orbans auf Geldscheinen
Während seit mehr als einer Woche tagtäglich von der Opposition organisierte Kundgebungen in Budapest und anderen Großstädten gegen die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban stattfinden und mittlerweile auch der staatliche Rundfunk ins Visier der Demonstranten geraten ist, findet auch ein stiller Protest gegen Orban statt. So posten immer mehr Menschen in den sozialen Medien Geldscheine mit einer sehr derben Beschimpfung des Ministerpräsidenten. Die Abkürzung O1G steht für „Orban egy geci“, was auf Deutsch in etwa „Orban ist Rotz“ oder „Orban ist ein Dreckskerl“ heißt. Diese Forint-Banknoten werden von den Aktivisten natürlich auch in Umlauf gebracht, damit ihre „Botschaft“ in Ungarn verbreitet wird.
Der stille Protest basiert auf einer Schimpftirade des ehemaligen Wegbegleiters und Freundes des Ministerpräsidenten, Lajos Simicska, der sich im Jahr 2015 im Streit von ihm getrennt hatte. Als ehemaliger Finanzier von Orbans Fidesz-Partei konnte Simicska ein mächtiges Firmenimperium in Ungarn aufbauen. Der Unternehmer finanzierte mit den Erlösen aus seinem Werbeplakat-Geschäft die Fidesz. Das Unternehmensimperium wuchs stetig, bald kamen auch Bauunternehmen dazu. Vor allem während der zweiten Amtszeit Orbans von 2010 bis 2014 lief es für Simicska sehr gut. Er wurde laufend mit öffentlichen Aufträgen versorgt. Damals waren seine Medien noch das Sprachrohr Orbans.
Kriegserklärung eines langjährigen Weggefährten
Doch als sich die Politik seines Weggefährten zunehmend nationalisierte und sich von den „gemeinsamen Träumen und Idealen“ entfernte, wie Simicska einmal in einem Interview mit der Nachrichtenseite index.hu ausführte, kam es zum Bruch. Dieser erfolgte nicht diplomatisch, sondern unter derben Beschimpfungen, da der Unternehmer plötzlich keine Aufträge mehr bekam und seine Vertrauensleute von Regierungsposten entfernt wurden. In mehreren Interviews 2015 erklärte Simicska Orban den „totalen Krieg“ und warf dem Regierungschef vor, unabhängige Medien beseitigen zu wollen.
In mehreren Inteviews stellte Simicska damals klar, was er von Orban hält. Der Satz wurde zu einem berühmten Zitat und wird nun von der Opposition aufgegriffen, um zu zeigen, was sie von dem rechtskonservativen Regierungschef hält. Unten sehen Sie ein paar Tweets, in denen die beschrifteten Banknoten zu sehen sind. Der Hashtag O1G war übrigens auch schon als Logo bei Protesten in Budapest zu sehen.
Während die Regierung in Budapest aus aktuellen Umfragen zitiert und davon überzeugt ist, dass die Proteste „keinen Rückhalt im Volk“ haben, breiten sich die Kundgebungen auf immer mehr Städte in Ungarn aus. Die Proteste richten sich gegen das neue Arbeitszeitgesetz, das eine massive Ausweitung der Überstunden vorsieht, aber auch gegen die Einschränkung der Medien- und Wissenschaftsfreiheit unter der Orban-Regierung und gegen die Korruption vieler ihrer Funktionsträger und Günstlinge.
Auch im Ausland kam es bereits zu Solidaritätskundgebungen vor den ungarischen Botschaften bzw. Konsulaten. Für Mittwochabend ist eine ebensolche Veranstaltung auch in Wien geplant (siehe Tweet unten).
Drohung gegen Aktivisten: „Lkw wird in die Menge fahren“
Eine Kundgebung in Dänemark wurde von einer gefährlichen Drohung überschattet. Eine Organisatorin der Protestveranstaltung vor der ungarischen Botschaft in Kopenhagen erhielt laut ungarischen Medienberichten auf Facebook folgende anonyme Drohung: „Wenn Sie vor der Botschaft aufmarschieren, wird ein Kollege mit einem Lastwagen in die Menge fahren.“ Diese Nachricht sei umgehend an die Polizei weitergeleitet worden. Die dänischen Behörden haben Ermittlungen eingeleitet.
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