Mächtiger Verschleiß
Schon Dutzende Mitarbeiter liefen vor Trump davon
Der Abgang von US-Verteidigungsminister James Mattis wegen „erheblicher Differenzen“ mit Präsident Donald Trump in der Frage des umstrittenen Truppenabzugs aus Syrien ist der vorläufige Höhepunkt des nicht zu enden scheinenden Personalkarussells im Weißen Haus. Seit Trumps Amtsantritt am 20. Jänner 2017 hat es Dutzende Rücktritte und Rausschmisse in der Administration des wohl unberechenbarsten Präsidenten in der Geschichte der USA gegeben.
Die - teils erzwungenen - Abgänge wechseln sich ab mit - oft von Trump via Twitter verkündeten - Entlassungen diverser Mitarbeiter, die dem mächtigen Mann im Weißen Haus bei dessen Vorstellung der Ausübung seines Amtes in irgendeiner Art und Weise im Wege stehen. Und davon dürfte es nicht wenige geben.
Interner Widerstand gegen Trumps „verfehlte Impulse“
So hatte erst im September ein anonymer hochrangiger Regierungsmitarbeiter in einem viel beachteten Gastbeitrag für die „New York Times“ geschrieben, dass es innerhalb der US-Regierung aktiven Widerstand gegen Trump gebe. „Viele von ihm Ernannte haben gelobt, dass wir tun, was wir können, um unsere demokratischen Institutionen zu schützen, während wir Herrn Trumps verfehlte Impulse vereiteln, bis er nicht mehr im Amt ist“, so der Autor, dem laut der Zeitung auf seine Bitte hin Anonymität gewährt wurde, weil sein Job sonst in Gefahr sei.
„Die Wurzel des Problems ist die Amoralität des Präsidenten“, schrieb der Regierungsmitarbeiter. „Das Dilemma - was er nicht ganz versteht - ist, dass viele hochrangige Mitarbeiter in seiner eigenen Regierung von innen heraus unablässig daran arbeiten, Teile seines Programms und seiner schlimmsten Neigungen zu verhindern. Ich bin einer von ihnen.“
Der Gastbeitrag sorgte für gehöriges Aufsehen. Trump wies ihn umgehend als „anonym, das heißt feige“ zurück. Trumps Sprecherin Sarah Sanders nannte den Autor „erbärmlich, unverantwortlich und selbstsüchtig“ und forderte die „New York Times“ dazu auf, sich zu entschuldigen. Der Verfasser hintergehe den gewählten Präsidenten, statt ihn zu unterstützen, empörte sie sich. Ihre logische Schlussfolgerung: „Dieser Feigling sollte das Richtige tun und zurücktreten.“
Politiker, Mitarbeiter, Berater und Helfer warfen das Handtuch
Sollte er dies tatsächlich getan haben, wäre er in guter Gesellschaft: In den vergangenen knapp zwei Jahren haben laut US-Medien bereits rund 40 Personen aus der Trump-Administration, freiwillig oder nicht, das Handtuch geworfen - Politiker, Mitarbeiter, Berater und Helfer. Aufgrund dieser beträchtlichen Anzahl erhebt folgende Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Sally Yates, 30. Jänner 2017: Nur zehn Tage nach seinem Amtsantritt entlässt Trump die amtierende Justizministerin und Chefanklägerin, offiziell vor allem wegen ihres Widerstands gegen seine Einwanderungspolitik.
Michael Flynn, 13. Februar: Trumps Sicherheitsberater tritt nach 23 Tagen im Amt zurück. Er ist in die Russland-Affäre über eine etwaige Wahlbeeinflussung verstrickt.
James Comey, 9. Mai: Trump entlässt den FBI-Chef, eine folgenreiche Sensation. Die Russland-Affäre nimmt immer weiter Fahrt auf.
Mike Dubke, 30. Mai: Nach nur drei Monaten im Amt wirft der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses hin.
Walter Shaub, 6. Juli: Der Direktor des unabhängigen Büros für Regierungsethik gibt entnervt auf.
Sean Spicer, 21. Juli: Als sein Präsident ihm Anthony Scaramucci als Kommunikationsdirektor vorsetzen will, mag Trumps Sprecher nicht mehr und geht.
Michael Short, 25. Juli: Auch der stellvertretende Pressesprecher tritt zurück.
Reince Priebus, 28. Juli: Trumps Stabschef verlässt seinen Posten. Er sagt, freiwillig. Andere sagen, Trump habe ihn gefeuert.
Anthony Scaramucci, 31. Juli: Erst zehn Tage zuvor zum Kommunikationsdirektor bestellt, ist der Ex-Wall-Street-Banker seinen Posten schon wieder los.
Steve Bannon, 18. August: Trumps Chefstratege und früherer Wahlkampfchef verlässt das Weiße Haus. Auf ihn ist Trump überhaupt nicht mehr gut zu sprechen.
Dina Powell, 8. Dezember: Die Vizesicherheitsberaterin kündigt ihren Rückzug an. Sie sagt, sie gehe in gutem Einvernehmen.
Hope Hicks, 28. Februar 2018: Die Kommunikationschefin und enge Trump-Vertraute teilt mit, sie werde das Weiße Haus in den nächsten Wochen verlassen.
Gary Cohn, 6. März: Trumps Wirtschaftsberater kündigt seinen Rückzug an. Er war gegen von Trump angedrohte Strafzölle.
John McEntee, 12. März: Der persönliche Assistent Trumps wird fristlos entlassen.
Rex Tillerson, 13. März: Trump verkündet auf Twitter, dass der Außenminister seinen Posten räumen müsse.
Andrew McCabe, 16. März: Zwei Tage vor seiner Pensionierung wird der ehemalige FBI-Vizechef entlassen.
Herbert McMaster, 22. März: Der nationale Sicherheitsberater muss seinen Hut nehmen, er wird von John Bolton abgelöst.
David Shulkin, 28. März: Trump entlässt den in die Kritik geratenen Veteranenminister.
Michael Anton, 8. April: Das Weiße Haus teilt mit, dass der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates geht - einen Tag bevor Bolton sein Amt übernimmt.
Joseph Hagin, 19. Juni: Der stellvertretende Stabschef tritt zurück.
Scott Pruitt, 5. Juli: Der Chef der Umweltschutzbehörde EPA räumt nach einer Serie von Skandalen sein Amt.
Donald McGahn, 29. August: Trump trennt sich von seinem Rechtsberater.
Nikki Haley, 9. Oktober: Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen in New York gibt freiwillig ihren einflussreichen Posten mit Jahresende auf.
Jeff Sessions, 7. November: Der Justizminister reicht einen Tag nach der Zwischenwahl auf Bitten Trumps seinen Rücktritt ein.
Mira Ricardel, 14. November: First Lady Melania Trump fordert öffentlich den Rauswurf der stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaterin. Präsident Trump zieht nach: Ricardel muss das Weiße Haus verlassen.
John Kelly, 8. Dezember: Trump gibt bekannt, dass sein Stabschef zum Jahresende das Weiße Haus verlässt. Damit verschleißt er seinen zweiten Stabschef in weniger als zwei Jahren.
Nick Ayers, 9. Dezember: Der Stabschef von Vizepräsident Mike Pence teilt mit, dass er das Weiße Haus zum Jahresende verlässt. Schlecht für Trump: Ayers war sein Wunschkandidat für die Kelly-Nachfolge.
Ryan Zinke, 15. Dezember: Trump teilt mit, dass der skandalumwitterte Innenminister zum Jahresende ausscheidet.
James Mattis, 20. Dezember: Der Verteidigungsminister gibt seinen Rücktritt mit Ende Februar bekannt und richtet Trump aus: „Da Sie das Recht auf einen Verteidigungsminister haben, dessen Positionen mehr auf Ihrer Linie liegen, halte ich es für richtig, meinen Posten zu räumen.“
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